Grußwort: Wondu Wogasso
Nie wieder Verkehrsinsel
Dienstag der 23. Dezember 2008. Als ich in den Flüchtlingsrat komme, ist es ruhig und alles völlig unaufregend. Noch schnell ein paar Dinge erledigen, bevor es endlich in die Weihnachtspause gehen kann. Am Mittag fahre ich mit der Mitfahrgelegenheit nach Hause nach Bielefeld. Dann kommt ein Fax vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Es geht um Elia Ziyad Rifaat.
Ein Fall mit monatelanger Geschichte: Es ist Juli 2007, die Brüder Ziyad (24) und Petrus Rifaat (22) fliehen über die Türkei nach Deutschland, sie wollen zu ihrer Schwester Abir nach München. Als sie aufgegriffen werden, vermuten die Behörden, dass sie über Griechenland eingereist sind, und leiten ein sogenanntes Dublin-II-Verfahren ein, um zu prüfen, ob Griechenland zuständig für das Asylverfahren der Brüder ist. Griechenland antwortet: Einen Petrus Rifaat kennen wir nicht – damit kann Petrus bleiben und erhält Asyl. Zu Ziyad kommt aus Athen gar keine Antwort, was von den deutschen Behörden als fiktive Zustimmung zu einer „Rücküberstellung“ gewertet wird. Ziyad wird nach Griechenland abgeschoben. Dort lebt er acht Monate lang auf der Straße, auf einer Verkehrsinsel, Unterbringung oder medizinische Hilfe gibt es für ihn nicht. Fluchthelferinnen und Fluchthelfer schaffen es, Ziyad am 18. November nach Deutschland zurück zu bringen. Sofort wird erneut ein Abschiebeflug nach Athen gebucht. Zurück auf die Verkehrsinsel ist die Devise der Behörden. Durch den Einsatz des Bayerischen Flüchtlingsrates und Pro Asyl, sowie der über 800 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner einer Unterschriftenliste für Ziyad, konnte Zeit gewonnen, sowie eine Haftentlassung erwirkt werden. Doch die Abschiebung droht weiterhin, trotz der großen medialen Empörung. Am 23. Dezember kommt dann das Fax vom BAMF. Die Frist zur Überstellung nach Griechenland sei abgelaufen, Ziyad kann bleiben! Interessant daran ist, dass die Frist noch viereinhalb Monate gelaufen wäre, und das BAMF-Schreiben daher juristisch betrachtet keinen Sinn ergibt. Wir nehmen Weihnachtsgeschenke aber natürlich auch ohne juristische Grundlage freudig an und beenden das Jahr 2008 mit einem schönen Erfolgserlebnis.