Vom Schützen und Nützen

Von Stephan Dünnwald

Vom Schützen und Nützen

Die Rückkehrberatung für Asylsuchende wurde in Deutschland an den Anfang des Aufenthaltsprozesses verlagert. Das aktuelle Bleiberecht hingegen bietet Aufenthaltsmöglichkeiten vor allem nach ökonomischen Kriterien.

Fast möchte sich der Eindruck aufdrängen, es herrsche Tauwetter in der deutschen Flüchtlingspolitik. Das langgehegte Dogma der Abschreckung von Flüchtlingen scheint abgenutzt: Allenthalben wird die Residenzpflicht gelockert, die Lagerunterbringung erscheint zunehmend als teuer und wenig hilfreich, selbst das für eine harte Linie bekannte Bayern kündigt an, die Versorgung mit Sachleistungen auslaufen zu lassen. Vor allem jedoch eröffnen Bleiberechtsregelungen Perspektiven der Inklusion und des Aufenthalts auch für die zahlreichen Flüchtlinge, die durch die Maschen eines restriktiven Anerkennungsprozesses gefallen sind. Flüchtlinge erfahren Unterstützung bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt, und ihre Qualifikationen sollen anerkannt werden. Selbst wenn zahlreiche Hürden und Probleme weiter Bestand haben, die seit den frühen 1990er Jahren wie betoniert wirkenden Abschreckungsparagraphen des Asylbewerberleistungsgesetzes erscheinen plötzlich als bröckelig.

Zwischen dem Bleiberecht, der nachträglichen Erlaubnis des Aufenthalts, und der Rückkehr von Migrantinnen und Migranten existieren zwei Beziehungen. So lässt sich zum einen feststellen, dass auch Menschen mit gesichertem Aufenthalt häufig zurückkehren, sei es temporär, sei es dauerhaft. Das in Deutschland ange – eignete Geld und Wissen soll häufig im Herkunftsland dazu dienen, sich beruflich zu etablieren und sogar Impulse für wirtschaftliche Entwicklung zu geben. Diese Variante wird gegenwärtig in den hiesigen Debatten über Migration und Entwicklung geradezu gefeiert. Die Risiken, die auch eine freiwillige und geplante Rückkehr für die Migrant innen und Migranten beinhaltet, werden dabei allerdings häufig verschleiert.

Die Erfahrung mit Rückkehrerprojekten kann zum anderen aber auch Argumentationen stützen, die gegen Rückkehr und für ein dauerhaftes Bleiberecht eintreten. Wenn klar wird, dass Personen nach der angeordneten Rückkehr oder Abschiebung keine Chance haben, ganz grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen und ein wenigstens rudimentäres Aus kommen zu finden, dann können diese Erkenntnisse aus Rückkehrprozessen dazu beitragen, das bisherige Ausreiseregime zu verändern. Eine gleich wie erzwungene Rückkehr wird dann zur Menschenrechtsverletzung.

Disziplinierung von Mobilität Rückkehr ist eine etwas altmodische Vorstellung in Zeiten, in denen die Märkte vor allem Flexibilität verordnen. Rückkehr ist bezogen auf ein Leben an einem Ursprungs-Ort, eine Abwesenheit von dort und dann eine Rückkehr. Diese Vorstellung ist verankert bei Migrantinnen und Migranten und bei Behörden.

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