Paradies Deutschland?

Von Silke Hachmeister und Philipp Kühnlein

Familien auf der Flucht zwischen Syrien, Jordanien und Deutschland

Silke Hachmeister und Philipp Kühnlein begleiten den Prozess der Migration sieben syrischer Familien von Jordanien nach Deutschland: Auszüge individueller Fluchtgeschichten, Eindrücke der prekären Situation Geflüchteter in Jordanien, Hoffnungen auf ein besseres Leben in Deutschland und Enttäuschungen nach der Ankunft.

Anfang September 2015 fanden sich mehrere hundert Menschen rund um den Bahnhof Keleti in der ungarischen Hauptstadt Budapest zusammen und machten sich zu Fuß auf den Weg Richtung Norden. Das Ziel: über Österreich nach Deutschland. Berichte und Videos dokumentieren den Marsch der Menschen und ihre Hoffnungen, in Westeuropa die Qualen von Krieg, Verfolgung und Flucht hinter sich lassen zu können. Entlang von Schnellstraßen und Autobahnen liefen Menschen, überwiegend aus Syrien, zu Fuß in Richtung Westen und unterliefen damit das repressive Grenzregime der europäischen Staaten. Unter dem Hashtag #marchofhope ging diese Migrationsbewegung binnen kürzester Zeit um die Welt und machte auf die bisher wenig thematisierte ‚Balkanroute’ aufmerksam. Zwar existierte diese Route von den griechischen Inseln über die Staaten des westlichen Balkans nach Mittel- und Nordeuropa zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren, allerdings nimmt die Zahl der Migrant*innen seit Ende 2014 deutlich zu und erreichte ihren vorläufigen Höhepunkt im Herbst 2015. Eingerissene Zäune, riesige Zeltstädte an den Grenzen, Proteste und Auseinandersetzungen mit Grenzsoldaten sowie die schiere Zahl der Menschen, die sich nicht aufhalten ließen, kreierten Bilder des kollektiven Widerstandes und erzwangen einen Ausnahmezustand, der die Grenzen entlang der Bal- kanroute zeitweilig öffnete. Diese widerständigen Handlungen waren (und sind) getrieben von den Hoffnungen auf ein Leben in Würde und Frieden und manifestierten sich in dem Titel #marchofhope. Mit jedem eingerissenen Zaun und mit jeder passierten Grenze verstärkten sich diese Hoffnungen. Geschich- ten und Erzählungen über erfolgreiche Formen des Widerstandes, über die ‚einfachsten’ Wege und die ‚besten’ Ziele der Migration wurden entlang der Migrationskorridore ausgetauscht und über digitale Netzwerke an Familie und Bekannte in den Ausgangsorten der Migration weitergeleitet. In den zerbombten Städten und Dörfern Syriens, in den Flüchtlingslagern in der Türkei, im Libanon und in Jordanien entstanden auf diese Weise diverse Narrative über mögliche Wege zu Orten eines besseren Lebens, die konkrete Entscheidungen über eine potentielle Migration beeinflussen.

(der ganze Artikel im PDF Format)