Grußwort: Ulla Jelpke

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich möchte euch ganz herzlich zum 25-jährigen Bestehen des Bayerischen Flüchtlingsrates gratulieren. Er hat sich in diesen Jahren zu einer unverzichtbaren Einrichtung bei der konkreten Hilfe und Betreuung für Asylsuchende einerseits, andererseits zu einem wichtigen politischen Sprachrohr ihrer Interessen entwickelt. In der näheren Vergangenheit sind es besonders drei Themen gewesen, die auch mir besonders am Herzen liegen.

Als erstes möchte ich die Residenzpflicht nennen. Das Engagement des Flüchtlingsrates Bayern hat ganz wesentlich dazu beigetragen, dass vor über einem Jahr zumindest einige Lockerungen bei der Umsetzung der Residenzpflicht in Bayern durchgesetzt werden konnten. Zumindest ein Teil der Asylbewerber kann sich nun im eigenen Regierungsbezirk bewegen, ohne dafür im Einzelnen um Erlaubnis fragen zu müssen. Auf Landesebene bleibt selbstverständlich das Ziel, landesweit Bewegungsfreiheit durchzusetzen, wie es in Nordrhein-Westfalen bereits erreicht wurde. Und wir werden alle gemeinsam dafür streiten, dass die diskriminierende und menschenrechtswidrige Residenzpflicht bundesweit gekippt wird.

Auch in einem weiteren inhaltlichen Feld schätze ich die Zusammenarbeit außerordentlich, auch wenn es dort im Moment leider fast nur traurige Neuigkeiten gibt. Ich rede von den syrischen Flüchtlingen in Deutschland, die von Abschiebung bedroht sind. Derzeit werden hier in Bayern und so weit wir wissen auch in den anderen Bundesländern keine Abschiebungen nach Syrien vorgenommen. Dafür war aber eine schreckliche Verschlechterung der Lage in Syrien notwendig, um Bund und Länder zu diesem Schritt zu bewegen. Zu Recht hat ein Gericht Anfang Mai festgestellt, dass auch schon vor Ausbruch der Unruhen in Syrien Abgeschobene der konkreten Gefahr ausgesetzt waren, Opfer von menschenrechtswidrigen Aktionen der syrischen Sicherheitskräfte zu werden. Argumentationsgrundlage war unter anderem eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, für die ich auf die Informationen auch aus Reihen des Bayerischen Flüchtlingsrates zurückgreifen konnte.

Auch die Aktion „Bayern sucht das Superlager“ (BSDS) hat mir sehr gut gefallen. Sie hat unter Beweis gestellt, dass der Protest gegen menschenunwürdige Politik nicht immer bierernst sein muss, sondern auch kreativ und ironisch sein kann. Die unwürdigen Bedingungen, unter denen Asylsuchende in einem der reichsten Länder der Erde leben müssen, sind ein permanenter Skandal. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz IV ist eigentlich vollkommen klar, dass die extrem niedrigen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz klar verfassungswidrig sind. Doch die Bundesregierung ist auch fast eineinhalb Jahre nach dem Urteil nicht in der Lage, einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, der die Sonderbehandlung von Schutzsuchenden beendet. Dabei wäre der doch ganz einfach zu formulieren: Das Asylbewerberleistungsgesetz wird aufgehoben.

Es gibt also auch nach 25 Jahren immer noch einiges zu tun. Ich wünsche aber keine weiteren 25 Jahre – sondern den größten denkbaren Erfolg: dass eine Einrichtung wie der Flüchtlingsrat überflüssig wird. Auf dem Weg dahin wünsche ich Euch und Ihnen weiterhin viel Mut, viel Kraft und die nötige Gelassenheit, sich nicht in die Resignation treiben zu lassen.

(der ganze Artikel im PDF Format)