Die Erforschung der Anderen

Von Zara Pfeiffer

Die Erforschung der Anderen

Als die Münchener Forscher Martius und Spix von ihrer Reise nach Brasilien zurückkehrten, hatten sie Tiere, Pflanzen und Menschen im Gepäck. Wenn heute über die beiden Wissenschaftler berichtet wird, werden sie meist mit dem „Geist der damaligen Zeit“ entschuldigt. Die Fragen nach der Herkunft von Wissen und der Verstrickung von Wissenskomplexen und Machtverhältnissen sind nach wie vor virulent.

Auf Befehl seiner Majestät Maximilian Joseph I. von Bayern brachen am 6. Februar 1817 in München die Herren Carl Friedrich Philipp von Martius und Johann Baptist von Spix zu einer ausgedehnten Forschungsreise auf, die ihnen einigen Ruhm und wissenschaftliche Reputation einbringen sollte. Das Ziel: Amerika oder genauer: Brasilien. Für die Bayerische Akademie der Wissenschaften sollten die beiden Forscher während ihrer Reise möglichst alles, was ihnen begegnete, erfassen, vermessen, kategorisieren, katalogisieren und sammeln. Dieser Auftrag beschränkte sich nicht auf die Botanik und Zoologie (die beiden Fächer von Martius und Spix), sondern bezog sich auch auf die Mineralogie und die Physik, die Topographie und Geographie sowie auf die Menschen, die ihnen während der Reise begegnen sollten, auf deren Lebensumstände und -weisen, deren Sprache, Geschichte und Kultur.

Die Reise war damit ein konzentriertes Ereignis der Erforschung des und der Anderen, der Produktion von Wissen über die Welt. Der umfassende Auftrag und Anspruch vermittelt einen ersten Eindruck auf die Haltung, mit der sich die beiden Wissenschaftler und Forscher aufmachten, die „weißen“ Flecken ihrer Landkarten zu tilgen und ihre „weiße“ Welt mit Wissen zu füllen. Mit dieser Haltung waren sie jedoch nicht allein. Während der sogenannten Entdeckungs – reisen von europäischen Forschern galt es als selbstverständliches Recht einer imaginierten europäischen Überlegenheit, sich den materiellen und kulturellen Reichtum, der ihnen auf der Reise begegnete, in der ein oder anderen Form anzueignen. Nicht selten waren die Wissenschaftler und Forscher Teil eines kolonialen Projektes oder gar Wegbereiter der kolonialen Eroberung und Herrschaftssicherung. Wo immer sie anlandeten kartierten sie, kategorisierten sie, ordneten und definierten sie und produzierten auf diese Weise ein Wissen über die Welt, welches als Grundlage der Unterwerfung und Nutzbarmachung ganzer Landstriche und deren Bevölkerungen diente.

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