Asyl statt Geheimhaltung
Asyl statt Geheimhaltung
Die Asylrechtspraxis ist für verfolgte Homosexuelle ein unsicheres Terrain
Menschen, die wegen ihrer homosexuellen Orientierung verfolgt werden und nach Europa geflüchtet sind, können in der EU Asyl erhalten. In der Praxis sind die Hürden, Asyl wegen sexueller Verfolgung zu erwerben, hoch gesteckt.
Im November 2013 veröffentlichte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg seine Entscheidung, nach der Lesben oder Schwule, denen in ihrem Heimatland körperliche Züchtigung, Haftstrafen oder gar die Todesstrafe drohen, eine besonders verfolgte soziale Gruppe im Sinne der Genfer Konvention darstellen. Angehörige dieser Gruppe können in der EU Asyl erhalten. Drei schwule Männer aus dem Senegal, Sierra Leone und Uganda hatten in den Niederlanden Flüchtlingsstatus beantragt, weil sie in ihren Ländern Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung befürchteten. Die Niederlande hatten den EuGH angerufen.
Immer mehr Homosexuelle aus afrikanischen Staaten suchen Asyl in Europa. In Malta erhielt kürzlich ein Nigerianer Asyl, der geltend machte, in seinem Herkunftsland bestehe für Schwule Gefahr für Leib und Leben. Das westafrikanische Land hatte gerade sein homophobes Strafrecht verschärft und ein entsprechendes Gesetz als „Same Sex Marriage Prohibition Bill“ verbrämt, ganz so, als ginge es den Initiatoren allein um ein Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare.
Derzeit halten 77 Staaten ein homophobes Strafrecht für ihre lesbischen Bürgerinnen und schwulen Bürger bereit, davon allein 37 in Afrika. Zwar wird dieses Strafrecht, das meist seinen Ursprung in viktorianischer Kolonialzeit hat, nicht überall konsequent angewendet, doch der EuGH stellte fest, dass die Regierungen der EU-Staaten jeweils im Einzelfall zu entscheiden haben, ob nicht bereits die Androhung einer Haftstrafe ein Akt der Verfolgung ist, der einen Anspruch auf Asyl begründen kann. Darüber hinaus führte das Gericht aus, dass die sexuelle Orientierung ein für die Identität bedeutendes Merkmal ist und daher von einer AsylbewerberIn nicht erwartet werden kann, die Homosexualität im Herkunftsland geheim zu halten oder sich zurückzuhalten, um eine Verfolgung zu vermeiden.