„Wir möchten, dass man uns hier leben lässt“

Von Anke Schwarzer und Andreas A.

„Wir möchten , dass man uns hier leben lässt“

Mit der Initiative „Lampedusa in Hamburg“ kämpfen Flüchtlinge aus Libyen für ihr Bleiberecht.

6000 Kriegsflüchtlinge aus Libyen sind nach Angaben der Initiative „Lampedusa in Hamburg“ über Italien nach Deutschland gekommen. Jahrelang hatten die Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter aus Westafrika in Libyen gelebt – bis zur Rebellion und dem Nato-Krieg vor zwei Jahren. Rund 300 von ihnen schlafen auf Hamburgs Straßen, einige sind mittlerweile in Kirchen, Moscheen und bei Privatpersonen untergekommen. Mit Ausstellungen, Demonstrationen und anderen Aktionen fordern sie vom Hamburger Senat ihre Anerkennung als Kriegsflüchtlinge. Die Innenbehörde betont, dass es im Rechtsstaat keine Pauschallösung, sondern nur Einzelprüfungen geben könne. Derzeit würde man darüber informelle Gespräche mit der Evangelischen Nordkirche führen. Der Rechtsstatus der Flüchtlinge sei nicht ganz klar, aber es sei davon auszugehen, dass die drei Monate gültigen Touristenvisa für den Schengenraum mittlerweile abgelaufen seien und die Männer zurück nach Italien müssten, so die Innenbehörde. In Italien, wo sich rund 60 000 Flüchtlinge aus Libyen aufhalten, haben sie einen befristeten Aufenthalt aus humanitären Gründen.

Stand der Dinge in Hamburg

Anfang Juni waren Verhandlungen zwischen der Nordkirche, der Innen- und der Sozialbehörde gescheitert, da eine Unterbringung in einer Turnhalle nur mit vorheriger Registrierung und erkennungsdienstlicher Behandlung erlaubt worden wäre. „Die Kirche und die Diakonie beteiligen sich nicht an einem Abschiebelager“, sagte damals die Landespastorin Annegrethe Stoltenberg der Taz. „Humanitäre Hilfe ist bedingungslos“, so Constanze Funck, Koordinatorin der Nordkirche für das Projekt der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Eine Abschiebung nach Italien lehnt sie ab, da die Unterbringung dort menschenunwürdig sei. Sie verweist auf zahlreiche Verwaltungsgerichtsurteile, in denen Abschiebungen nach dem Dublin-II-Verfahren nach Italien wegen unmenschlicher Lebensverhältnisse für rechtswidrig erklärt worden sind. Der Hamburger Senat habe als Bundesland die Möglichkeit, den Männern ein Bleiberecht aus humanitären Gründen zu geben. Sie seien zum Spielball einer verfehlten europäischen Flüchtlingspolitik geworden. In ähnlicher Lage seien bundesweit noch viele andere Flüchtlinge aus Italien. Dass sie in Hamburg Unterstützung und Aufmerksamkeit erhalten, hätten sie ihrer Selbstorganisierung zu verdanken, sagt Funck.

Gewerkschaftliche Unterstützung

Im Juli sind zahlreiche Flüchtlinge der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ Mitglied der Gewerkschaft ver.di geworden. Sie haben in Libyen als Ingenieure, Journalisten, Automechaniker, Bauarbeiter oder Friseure gearbeitet. Peter Bremme, Ver.di-Fach – bereichsleiter für Besondere Dienstleistungen, hieß die Flüchtlinge willkommen. „Wir unterstützen ausdrücklich die Forderungen der Geflüchteten aus Libyen auf Wohnung, freien Zugang zum Arbeitsmarkt, freien Zugang zu Bildung, freien Zugang zu medizinischer und sozialer Versorgung und freier Wahl des Aufenthaltsortes innerhalb der Europäischen Union.“ Die Politik könne den Weg frei machen und durch Aktivierung des Paragrafen 23 des Aufenthaltsgesetzes den Flüchtlingen einen legalen Aufenthalt in Hamburg ermöglichen, so Bremme. Andreas A.* ist ein Aktivist der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Der Sprecher von rund 80 Männern, die seit Anfang Juni in der St.-Pauli-Kirche untergekommen sind, erzählt seine Geschichte:

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