Blonder Engel auf Talfahrt
Von Caspar Schmidt
Blonder Engel auf Talfahrt
Über einen Pfarrer, der die Proteste von Flüchtlingen in der Bayernkaserne erstickte.
Asyl ist dem Wort nach ein ziemlich alter Hut. Im Laufe des siebten und achten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung transformierte in Griechenland das vorherrschende Recht auf Sýlä – das Verfügungsrecht über Fremde und ihre Sachen – zum sogenannten A-sylia, das in abgewandelter Form heute noch als Asyl bekannt ist. Verfolgte konnten damals in heiligen Stätten Schutz suchen. Wer sich dazu am Altar oder am Fuße einer Götterstatue niederließ, das Ritual peinlich genau befolgte, mit einem Wollfaden oder einem frisch gebrochenen Zweig in der Hand bemerkbar machte und dem Priester Namen, Herkunft und Fluchtgrund wahrheitsgemäß darlegen konnte, hatte eine gute Chance auf den Beistand seiner Heiligkeit.
Die Regelung des Asyls obliegt heute im Wesentlichen dem Staat. Die Elendsverwaltung der aus den Ruinen der Weltmärkte Geflüchteten und in europäischen Lagern Kasernierten wird aber zu großen Teilen noch von kirchlichen Trägern besorgt – in München zum Beispiel von Pfarrer Andreas Herden. Dieser heuerte vom bayerischen Trostberg aus bei der Inneren Mission in München an, stieg als Assistent der Geschäftsleitung ein und zum Abteilungsleiter für „Migrationsdienste“ auf. In Trostberg wurde Herden aus seiner Funktion als Seelsorger der Christusgemeinde noch mit dem üblichen Spektakel verabschiedet, das sich die bayerische Provinz gemeinhin leistet, wenn sich Würdenträger aus Kirche und Politik ein Stelldichein geben. Die Kindertheatergruppe studierte zu diesem Anlass eigens ein Stück namens „Andis Abpflug“ ein – der Pflug, das weiß man in der bayerischen Vorhölle1 am besten, gilt als Symbol der Seelsorge. Wehmütig auf seine Zeit in Trostberg zurückblicken wolle Herden aber nicht, erklärt er der Gemeinde zum Abschied, denn „Jesus blickt nicht zurück. Er ist geschickt für das Reich Gottes.“ Der Dekan lobte den scheidenden Pfarrer als einen, der sich eindeutig auf die Seite derer stelle, die zum Leben zu wenig haben. Der Bürgermeister Trostbergs (CSU) beklagte vor dem hohen Auditorium, dass es gerade in Zeiten wie diesen schwer sei, „Spuren zu hinterlassen“. Er vermisse Typen, wie es sie früher einmal gegeben habe; Herden sei aber ein solcher. Eine Anekdote gab der benachbarte Pfarrer zum Besten. Andreas Herden sei bis 1998 in den Gemeindebüchern als „Andrea“ geführt worden. Seine „weiblichen An – teile“ – er als Mutter-Vater-Figur –, das sei auch im Pfarramt deutlich erlebbar gewesen. Er ist eben ein „blonder Engel“ der Herden, so sein Glaubenskollege, berichtete ChiemgauOnline.