Unter Verdacht

Von Miriam Gutekunst

Unter Verdacht

Binationale Paare stoßen auf großes Misstrauen, sobald ein Partner aus einem sogenannten „visumspflichtigen Drittstaat“ kommt. Sie werden immer wieder verdächtigt, dass es bei ihrer Beziehung nicht um Liebe geht, sondern – zumindest von einer Seite – lediglich darum, an Aufenthaltspapiere zu gelangen.

„Wie und wann haben Sie sich kennengelernt? Wie oft haben Sie sich gesehen in den letzten eineinhalb Jahren? Wann genau? Was haben Sie in dieser Zeit zusammen gemacht? Und was möchte ihr Mann genau arbeiten, wenn Sie hier zusammen leben? Haben Sie sich das auch gut überlegt?“

Der Fragenkatalog, dem Mona* sich in der Ausländerbehörde in einer kleinen Stadt in Nordrhein-Westfalen stellen musste, war lang, die Fragen teilweise sehr intim. „Du fühlst dich wie auf einer Anklagebank, obwohl man gar nichts verbrochen hat“, sagt Mona. Nein, verbrochen hat sie nichts, aber sie steht unter Verdacht, eine Straftat begangen zu haben: „Scheinehe“. So bezeichnen die Behörden eine Ehe mit dem alleinigen Ziel, dem Partner ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, was als ausländerrechtliche Straftat angesehen wird. Verdächtigt wird sie, weil ihre Beziehung nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht: Ihr Mann Karim* ist Marokkaner, elf Jahre jünger als sie, hat die Schule abgebrochen, während sie studierte und Karriere machte.

Auch Karim wurden unangenehme Fragen gestellt, als er im deutschen Konsulat in Marokko das Visum für den „Ehegattennachzug“ beantragte. Die Mitarbeiterin am Schalter hätte ihn darauf hingewiesen, dass er doch noch zu jung sei, um zu heiraten, berichtet der 21-Jährige. Anschließend habe sie ihn gefragt, ob er auch eine Frau in dem Alter geheiratet hätte, wenn sie Marokkanerin gewesen wäre. Das fand er schlimm: „Warum nicht?“ Für ihn ist es Schicksal, dass er Mona getroffen hat. Unterstellt wird ihm Berechnung.

„Ich verstehe nicht, warum es so ein großes Problem ist, dass meine Frau älter ist als ich“, sagt Karim. Der Prophet Mohammed habe auch eine Frau gehabt, Khadija, die zwanzig Jahre älter war als er. „Mir ist bewusst, dass in Europa viele denken, dass Marokkani – sche Männer nur mit einer europäischen Frau zusammen sind, um eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen“, erklärt er. Aber das stimme nicht. Das gäbe es, aber es sei nicht die Mehrheit.

Eine Person aus einem sogenannten „visumspflichtigen Drittstaat“ wie Marokko, die mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, hat grundsätzlich das Recht auf eine Aufenthaltserlaubnis in der Bundesrepublik, da Ehe und Familie nach dem Grundgesetz sowie den Menschenrechten unter Schutz stehen. Als „Drittstaaten“ gelten alle Länder, die nicht der Europäischen Union angehören. Normalerweise ist es für die meisten Menschen aus Marokko schwierig, für viele unmöglich, ein Visum für Deutschland zu bekommen, besonders wenn sie keine feste Arbeit haben, jung und nicht verheiratet sind. Wie es bei Karim der Fall war, bevor er Mona kennenlernte.

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