Reiseverbot in Deutschland

Von Anke Schwarzer

Reiseverbot in Deutschland

Derzeit werden in Deutschland über 150 000 Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Asylsuchende und Menschen mit Duldung unterliegen der so genannten „Residenzpflicht“. Zwar gibt es inzwischen auf Länderebene Erleichterungen. Der Gebietsarrest für Flüchtlinge sollte jedoch ohne Wenn und Aber aus den deutschen Gesetzesbüchern gestrichen werden.

Das Reiseverbot und den Gebietsarrest für Flüchtlinge haben einige Bundesländer in den letzten Jahren gelockert. Doch es bleibt beim Herumdoktern an einzelnen Liberalisierungen hier und da, an ausgefeilten Ausnahmeklauseln und ausgeklügelten Gebietserweiterungen. In elf der dreizehn Flächenstaaten wurde der Aufenthaltsbereich von Asylsuchenden auf das Bundesland ausgeweitet. Keine Änderung gibt es im Saarland – das kleinste Flächenland mit seinen sechs Landkreisen galt schon immer als ein zusammenhängender Aufenthaltsbe – reich, weil nur eine Ausländerbehörde für alle Flüchtlinge im Land zuständig ist.

Bayern und Sachsen weiteten den Aufenthaltsbereich vom Landkreis auf den etwas größeren Regierungsbezirk aus. In Thüringen wurde zunächst ein umständliches System von je drei umliegenden Landkreisen einschließlich einer größeren Stadt als Aufenthaltsbereich eingeführt. Seit Juli ist dort aber – wie sonst nur noch in Mecklenburg-Vorpommern – für alle Betroffenen der Aufenthalt im Bundesland ohne Einschränkung erlaubt.

Wollen Asylsuchende und Menschen mit einer Duldung allerdings in ein anderes Bundesland reisen, müssen sie auch in Thüringen und MecklenburgVorpommern, ebenso wie in allen anderen Bundesländern eine Erlaubnis beantragen. In sechs Bundesländern erheben die Ausländerbehörden dafür immer noch Gebühren, etwa in Bremen, BadenWürttemberg, Bayern und Berlin. Immerhin: Berlin und Brandenburg erteilen Dauererlaubnisse für das jeweilige Nachbarbundesland, ebenso Bremen und Niedersachsen, da dort länderübergreifende Regelungen getroffen wurden.

Drakonische Strafen

Manche Bundesländer halten aber auch eisern an der Residenzpflicht fest, etwa das von der SPD regierte Hamburg. Dort sind mehr als 6000 Menschen von der Regelung betroffen. Letztes Jahr erteilte die Stadt 600 „Verlassenserlaubnisse“ – die Zahl der Ablehnungen ist nicht bekannt, da die Anträge laut Hamburger Innenbehörde nicht statistisch erfasst würden. Gegen länderübergreifende Regelungen, zum Beispiel mit Niedersachsen, sperrt sich Hamburg hartnäckig. Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg dagegen, die mit Ludwigshafen und Mannheim eine Metropolregion teilen, erwägen eine länderübergreifende Residenzpflicht. Brandenburg will sich sogar um Vereinbarungen bemühen, die nicht nur die Nachbarbundesländer betreffen, sondern Länder aus dem ganzen Bundesgebiet. Dieses Vorgehen besitzt zwar einen gewissen Charme, unterläuft es doch in Teilen den Gebietsarrest, dem unbescholtene Menschen aus dem Iran, aus Afghanistan, Togo, Serbien, aus dem Irak und aus vielen anderen Ländern unterliegen; nichtsdestotrotz: Die entsprechenden Bundesgesetze, die den institutionellen Rassismus in Form gießen, werden damit nicht abgeschafft.

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