Dazwischen liegen Welten

Von Allegra Schneider

Immer mehr Flüchtlinge aus Mazedonien werden derzeit zurück in den südosteuropäischen Staat abgeschoben. Hintergrund ist dessen Einstufung als „sicherer Herkunftsstaat“. Doch vor allem für Roma ist es in Mazedonien alles andere als „sicher“. Eine Fotostrecke von Marc Millies und Allegra Schneider. Beide sind Teil einer Recherchegruppe, die im März dieses Jahres nach Skopje reiste.

In Mazedonien ist das öffentliche Miteinander vornehmlich von den Beziehungen und ihren Störungen zwischen der mazedonischen und der albanischen Bevölkerungsgruppe geprägt. Trotz des Abkommens von Ohrid (2001), in dem die gesellschaftliche Gleichbehandlung der albanischen Minderheit und ihre angemessene Repräsentanz in Politik und Verwaltung festgeschrieben ist, konnten die sozialen Konflikte nicht überwunden werden. Mazedonische und albanische Menschen leben heute noch immer weit voneinander entfernt.

Schon die Hauptstadt ist ethnisch aufgeteilt. Auf der einen Seite der Varda, dem Fluss der Skopje teilt, wird der Bauboom nicht müde zu boomen. Hier möchte die Mehrheit der Bevölkerung wohnen und hier befindet sich auch ‚Skopje 2014’, wo Theater, Statuen, Hotels und schicke Hochhäuser als Zeichen „einer einheitlichen nationalen Kultur, Ethnie, Religion und Sprache – und zwar der der orthodoxen Slawomazedoner und Slawomazedonerinnen“ wachsen.

Die Altstadt jedoch, auf der anderen, der albanischen Seite, bleibt alt. Authentisch und pittoresk, heißt es in Reiseführern. Bewusst vernachlässigt, so nennen es die Bewohner und Bewohnerinnen. Weiter oben, auf und neben dem Hügel, dort in Šuto Orizari (Shutka) oder Topaana, leben die Familien, die mehrheitlich Angehörige der Roma-Minderheit sind: Ausgeklammert, abgekoppelt und segregiert.

In einem Land mit sich leerenden Provinzen und einer wachsenden Hauptstadt, in der bereits über 600.000 der zwei Millionen Einwohnenden Mazedoniens leben, wird an der Konstruktion einer neuen, Minderheiten ausgrenzenden, nationalen Legende gearbeitet. Diese von gezielten Infrastrukturmaßnahmen begleitete Konstruktion schließt bewusst Lebensbereiche und -orte der Roma aus: Geschichtsschreibung für die Zukunft in Mazedonien, das ist für viele vor allem ein riesiges Bau- und Investitionsprojekt.

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