Sichersatt statt Superfood

Von Katalin Kuse

Eine überall auf der Welt als immer prekärer empfundene Sicherheitslage. Der internationale Terrorismus. Eine ungebremst fortschreitende Umweltzerstörung und die existenzielle Bedrohung durch die Globale Er- wärmung.Wer wirklich sichergehen will,braucht mehr als eine Haftpflicht und einen Ehering.Er muss nicht wissen, wo man einen Tisch bekommt, sondern wie man einen zimmert. Derbes Schuhwerk und Konserven sind gefragt. Und auch der Magen muss sich anpassen: Der nächste Lifestyletrend nach Superfood wird Sichersatt.

Lars Konarek drückt auf meinem Bildschirm den ersten Hering in den weichen Waldboden. Er hält goldene Zeltstangen in die Kamera und lässt sie leise ineinander klacken. „Bitte achtet auf euer Gestänge.“ Bis er wieder etwas sagt, werden noch 2:15 Minuten vergehen. Behutsam lässt er die Stangen in der grünen Zeltplane verschwinden und klippt die Enden in die dafür vorgesehenen schwarzen Hütchen. Konarek ist hauptberuflicher Survivalguide und führt gerade via Youtube vor, wie man im Falle eines INCH- Szenarios an einer geeigneten Stelle im Wald ein Zelt aufbaut. INCH steht für „I will never come home“ und beschreibt ein Katastrophenszenario, in dem man sich gezwungen sieht, sein Haus zu verlassen. Konarek ruckelt das Tunnelzelt sanft zurecht. Die Zeltplane rauscht und dann beginnt er mit dem Abspannen.

„Ihr Ziel muss es sein, 14 Tage ohne Einkaufen überstehen zu können. Die Lösung liegt in Ihrer Verantwortung. Ob und wie viel Sie vorsorgen, ist eine persönliche Entscheidung.“ Der Satz ist nicht der Auftakt eines Computerspiels und kommt auch nicht in einer Werbekampagne für Versicherungsunternehmen vor. Ich finde ihn in einer Broschüre des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, kurz BBK. Das BBK wurde im Jahr 2004 gegründet als Teil der 2002 von der Konferenz der deutschen Innenminister verabschiedeten „Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“. Laut eigenem Leitbild ist die Einrichtung der Behörde eine Folge der Anschläge des 11. Septembers 2001 sowie des mitteleuropäischen Hochwassers von 2002. Das Bundesamt ist dafür zuständig, im Ernstfall ein gemeinsames Krisenmanagement von Bund und Ländern zu koordinieren und damit als zentrales Organisationselement für die sogenannte „Zivile Sicherheit“ zu wirken. „Nach den Vorstellungen des Bundesinnenministers soll der zivile Bevölkerungsschutz als vierte Säule (neben Polizei, Bundeswehr und Diensten) im nationalen Sicherheitssystem verankert werden.“ Sätzen wie diesen haftet in meinen Ohren implizit auch die Vorbereitung auf eine Kriegssituation an. Das internationale Symbol für zivilen Bevölkerungsschutz ist ein dunkelblaues Dreieck auf einem orangenen Kreis. Daneben, in Anlehnung an das Motto der Bundeswehr, der Slogan des BBK: „Gemeinsam handeln. Sicher leben.“ Das Symbol habe ich noch nie vorher gesehen.

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