Über den Tellerrand kotzen

Von Christian Jakob

Der schmale Grat zwischen Engagement, Paternalismus und Elendsprofiteuren

Studierende profilieren sich mit ihrem Social Entrepreneurship Start-Up als sozial engagierte Jungunter- nehmer mit Hang zu Biobrot. Und ein Hamburger Ideenscout hat seine eigenen Ideen, was Flüchtlinge in St. Pauli brauchen. Aber was hat das mit den Interessen der Flüchtlinge zu tun?

Die Okraschoten aus dem Hochland Ostafrikas waren  ihnen  bis  dahin  völlig  unbekannt. Genauso wie die Rezepte für Erdnussbutter- Suppe aus Ghana oder Fisch-Eintopf aus Nigeria. Ein besonders gutes Rezept? „Ich habe mir gestern noch Biryani gekocht. Das ist ein Reisgericht mit Huhn, Curry und Rosinen“, sagt Carolin. Ninon ergänzt: „Wir haben viele exotische Zutaten, vor allem aus Afrika.“

Carolin und Ninon haben mit Asylsuchenden gekocht. Dabei hat Ninon „gemerkt, dass die meisten Flüchtlinge keine materiellen Dinge brauchen, sondern vor allem Begegnungen mit anderen Menschen.“ Zum Beispiel der Nigerianer Nasir. Sie hat zweimal mit ihm gekocht, „und das hat so viel Spaß gemacht, weil er so ein Strahlen mitbringt“.

Flüchtlinge brauchen keine materiellen Dinge, die strahlen auch so. Junge Kommunikationswissenschafts- und  Wirtschaftsingenieurwesen-Studierende  schon. Deswegen haben sie ein Start-Up gegründet und sich beim „Funpreneur-Wettbewerb“ der Freien Universität Berlin beworben. Die Zitate stammen aus diversen Zeitungsartikeln, die von ihrem Projekt handeln.

Viel Spaß mit Win-Win

Wer verstehen will, worum es dabei geht, muss wis- sen, dass das, was andernorts als politisches Engage- ment  läuft,  bei  aufwärtsorientierten  Nachwuchs- Akademikerinnen und Akademikern „Social Entrepre- neuership“ heißt – soziales Unternehmertum, weil man dabei praktischerweise auch noch Geld verdient. Und wenn das Ganze besonders viel Spaß macht, heißt es eben „Funpreneur“.

„Nur fünf Euro Startkapital“ hatten sie. Dafür haben sie Lebensmittel gekauft und dann „im Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz gemeinsam mit dem Asylsuchenden Hassan eine Erdnusssuppe gekocht“. Schnell merkten sie, berichten sie später, dass es eine „Win-Win-Situa- tion“ ist: „Viel Spaß“ für die Asylbewerber, die sich beim Kochen gern über die Schulter schauen ließen und eine Bombenidee für sie.

Schnell habe es „Anfragen aus ganz Deutschland“ gegeben. Die Idee fand laut Nino Nachahmung in 15 Städten. Für sie und ihre Kollegen war „Kochen über den Tellerrand zu einem Vollzeitjob geworden“, denn das „Konzept wollten sie natürlich in der Hand behal- ten“. Es ging dann „weniger ums gemeinsame Kochen, das nach wie vor gepflegt werde“, als vielmehr um das Organisieren. „Das ist ein Job, der mir unheimlich viel Spaß macht“, beschrieb die Studentin, die demnächstan der Elite-Universität Cambridge studieren will, der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen die Situation.

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