„Überleben, aber nicht leben“

Von Agnes Andrae

Überleben, aber nicht leben

Das Projekt Leben verboten ist ein 30-minütiger Dokumentarfilm. Er gibt einen Einblick in das Leben von Flüchtlingen in Augsburg und in den lokalen Protest vor Ort. Darüber hinaus begleitet er die im Juli 2011 vom Netzwerk Deutschland Lagerland organisierte Fahrt von Flüchtlingen aus Bayern nach Berlin. Dort berichteten sie im Bundestag über ihre menschenrechtswidrige Lebenssituation mit dem Ziel, die Verantwortlichen im Sozialministerium zur Rede zu stellen. Welche Erfahrungen sie dort machen mussten, wird in Leben verboten eindrücklich gezeigt. Der Film erzählt aber nicht nur, er lässt vor allem erzählen: So kommen viele Betroffene in Interviews selbst zu Wort, wie Musa Sankoh aus Augsburg oder Awa Kebe aus Schwabmünchen. Mathias Fiedler und Astrid Nave haben an dem Projekt Leben verboten über drei Jahre gearbeitet.

Was war eure Motivation, den Film Leben verboten zu drehen?

Mathias: Wenn ich versucht habe, die Probleme mit denen die Geflüchteten, in den bayerischen Lagern konfrontiert sind, anderen Menschen zu erklären, habe ich gemerkt, dass viele Menschen in Bayern meist gar nicht wissen, wie unmenschlich und komplex die Gesetzgebung hier ist. Da bin ich auf die Idee gekommen das ganze wenigstens mal ansatzweise zu dokumentieren. Dabei wollte ich keinen selbstbeweihräuchernden Aktivismusfilm machen, sondern eher eine Verständnisbrücke nach draußen bauen. Der Stein des Anstoßes war ein großer Protest in Augsburg, der in einen Hungerstreik mündete, an dem sich über 200 geflüchtete Menschen beteiligten. Astrid: So richtig aufmerksam auf die Situation von Flüchtlingen in Deutschland bin ich während meines Studiums geworden. Damals habe ich mich an einer Gutscheintauschaktion beteiligt, bei der Einkaufsgutscheine von Flüchtlingen in Bargeld umgetauscht wurden. Ich spürte dann selber wie komisch es ist, an der Kasse mit so einem Gutschein bezahlen zu müssen. Das war in Niedersachsen. Ich habe dann noch ein Praktikum in der Kinderbetreuung der ZAB gemacht und war vom Anblick der Asylunterkunft richtig schockiert. Dass man Menschen in Deutschland absichtlich schikaniert und ausgrenzt, war mir unbegreiflich und ich wollte mich für eine Veränderung einsetzen. Als ich nach Augsburg kam, habe ich dann zufällig von Mathias` Plänen und seiner Suche nach einer Projektpartnerin erfahren. Damals kannte ich die Situation in Augsburg noch nicht so gut. Ich hatte nur die Unterkunft in der Calmbergstraße von innen gesehen und dort ein paar Aufnahmen gemacht. Dieser Einblick war jedoch ausreichend, um mich dem Projekt anzuschließen. Euer Film trägt den Titel Leben verboten. Was bedeutet das im Klartext? Mathias: Im Klartext heißt das, dass den Menschen in den Unterkünften so ziemlich alles vorenthalten wird, was sie zum sozialen Leben eigentlich brauchen. Da verhungert zwar niemand, aber soziales Leben findet nicht statt. Als ich mich beispielsweise mit Musa Sankoh das erste Mal zum Kennenlernen in einem Café in Augsburg getroffen habe, habe ich ihn beiläufig gefragt, ob er öfters in das Café kommt, in dem wir uns befanden. Er hat mir daraufhin geantwortet: „Was soll ich denn hier, ich kann mir das doch eh nicht leisten und ich kenne auch niemanden“.

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