Terra Incognita

Von Thomas Glatz

Terra Incognita

„Erfroren sind wir fast und nackt im Eisgebiet. “

Jüngst hat sich herausgestellt, dass die zwischen Australien und Neukaledonien gelegene Insel „Sandy Island“ gar nicht existiert. Unterhalb Sandy Islands stelle ich immer die Teetasse auf meiner Weltkarten-Schreibtischunterlage ab. Forscher der Universität Sydney fanden dort, wo die Insel verzeichnet ist, und ich neben dem Mousepad und den Post-it-Zetteln immer meinen Schwarztee abstelle, gar nichts. Google Maps zeigt dort einen schwarzen Fleck. Google Earth verzeichnet nur Wasser. Die Insel ist von ehrgeizigen Entdeckern erfunden worden oder Kartographenfehlern entsprungen. Wochenlange Fahndungen nach dem unbewohnten Eiland blieben erfolglos. Sandy Island ist nun den Phantominseln zuzurechnen und wird künftig in einem Atemzug mit Bermeja, den Scheineilanden Byres und Morell, Philippaux, der Dämoneninsel, der Insel Rupes Nigra, Brasil, dem Eiland Kantia, Estotiland, der Insel der Elftausend Jungfrauen und Sannikovland genannt werden müssen.

Shaun Higgins, Bibliothekar des neuseeländischen Auckland Museums, stieß auf die Quelle des Fehlers. Er meint, das Walfängerschiff Velocity habe die Insel 1876 eingetragen. Der Kapitän des Schiffes habe an dieser Stelle eine Wellenbank und Sandbänke vermerkt. Der Bibliothekar vermutet, dass das vermeintliche Eiland nur den Hinweis auf eine Gefahr für Seefahrt darstellt. Ich hingegen vermute, dass Sandy Island künftig auf den Karten weiterhin eingetragen wird – als geheimer Kopierschutz. Alle Länder sind erforscht, die fernsten Meere zerpflügt. Das Wort „Terra incognita“ auf den Atlanten und Erd- und Himmelsgloben und in den Radwander-, Bierwander-, Burgenwander-, Sagenwanderund Wellnesswanderkarten von wissenden Händen überzeichnet.

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