Identitäre Seilschaften

Von Bernard Schmid

Im April 2018 blockierten Aktivist*innen der rechtsextremen Identitären Bewegung einen Pass an der fran- zösisch-italienischen Grenze, um Geflüchteten die ohnehin beschwerliche Flucht noch mehr zu erschweren. Die Strukturen, die hinter dieser Bewegung stehen und ihre Verbindungen in die klassische rechtsextreme Szene Frankreichs beschreibt Bernard Schmid.

Rechtsextreme Aktivist*innen aus der Identitären Bewegung blockierten am Wochenende des 21. und 22. April 2018 einen verschneiten Alpenpass im französischen Hochalpen-Bezirk (Département Hautes-Alpes). Einen Pass, den immer häufiger Mi- grant*innen passieren, seitdem die französisch-italienische Grenze weiter südlich faktisch für die Betroffenen unpassierbar gemacht wurde. Bereits seit 2011 ist es Menschen, die sich in Migrationsbewegung befinden, quasi unmöglich geworden, in Zügen die Grenze zwischen dem italienischen Ventimiglia und dem französischen Nizza zu überqueren, letztere wurde fast hermetisch abgedichtet. In den letzten zwei bis drei Jahren kam daraufhin vor allem ein Tal im Hinterland von Nizza – die Vallée de la Roya – ins Gespräch, wo auch viele Anwohner*innen sich solidarisch zeigten, jedoch auch zum Opfer von Strafverfolgungen wegen „Beihilfe zu illegaler Einreise“ wurden. Das prominen- teste Beispiel dafür liefert der Landwirt Cédric Herrou, dessen Kampf inzwischen auch verfilmt worden ist. Inzwischen ist das weiter nördlich, auf höherem Niveau über dem Meeresspiegel gelegene und – für Übergänge zu Fuß – erheblich gefährlichere Hinterland von Briançon zum neuen Durchgangsgebiet geworden.

Dortselbst marschierten das gesamte, oben genannte Wochenende hindurch über einhundert Aktivist*innen der europäischen identitären Bewegung auf. Die Mehrzahl von ihnen war aus Frankreich. Unter ihnen waren jedoch auch rechtsextreme ,Kameraden‘ aus Italien, Deutschland, Österreich, Dänemark und aus dem Vereinigten Königreich. In blauen, uniformähnlich getragenen Overalls aufmarschierend, führten sie karottengelbe Grenzzäune mit sich. Auf zunächst eher symbolische Weise riegelten sie die in dieser Jahreszeit noch verschneite Passhöhe unter dem Namen Col de l’Echelle in 1.700 Meter Höhe über dem Meeresspiegel ab, um anzuzeigen, hier dürfe niemand unerlaubt durchkommen. Sie entrollten Transparente, in denen sie Migrant*innen dazu aufforderten, „nach Hause zu gehen“. Das Ganze wurde auch spektakulär mit zwei Helikoptern begleitet. Am Abend brannten die rechts- extremen Aktivist*innen Fackeln ab, aus denen blau-weiß-roter Rauch – in den Farben der französischen Nationalflagge – aufstieg. Am Sonntagabend war der Spuk dann wieder vorbei.

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