Westend:Im Zangengriff des Magistrats

Von Florian Feichtmeier

WESTEND

Im Zangengriff des Magistrats

Die Geschichte des Münchner Westends war knapp 140 Jahre lang die Geschichte erbitterter Klassenkämpfe. Jedoch konnten die Arbeiterinnen und Arbeiter keine der vielen Auseinandersetzungen schließlich zu ihren Gunsten entscheiden. Dennoch war das Viertel über Jahrzehnte hinweg ein grober Kanten, an welchem sich die Machthabenden erst einmal messen mussten. Heute ist der Widerstand der Bevölkerung weitgehend gebrochen. 40 Jahre sozialdemokratische Stadtplanung hat es gedauert.

Das Münchner Westend hebt sich aufgrund seiner Entstehungsgeschichte von vielen anderen bayerischen Stadtvierteln ab. Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Fläche von ein paar wenigen Bauernhöfen bewirtschaftet, entlang der späteren Westendstraße befanden sich kleine Häuser von Sandgrubenbesitzern, Tagelöhnern und Menschen mit ähnlich geringem Einkommen. Der Münchner Galgen stand unweit davon entfernt, was die Attraktivität der Gegend bereits andeutet. Ab 1840 wurden Fabriken errichtet, weil sie anderenorts gestört hätten, wie zum Beispiel eine Schwefelsäurefabrik und eine Fassfabrik. Terraingesellschaften erkannten das Potenzial der Industrialisierung vor Ort, kauften 1870 große Grundstücke auf und legten eine rudimentäre Infrastruktur an, wie unter anderem Vorläufer der heutigen Hacker- und Donnersberger Brücke („Eisener Steg“). Nach getaner Arbeit verkauften sie die engen Parzellen mit erheblichem Gewinn an Figuren des Münchner Bürgertums. Im Grunde war die Entstehung des Stadtteils – und das macht ihn besonders – die Folge eines kapitalintensiven Spekulationsgeschäfts. Das Bürgertum ließ wiederum einfache Mietshäuser bauen, um sich mit den Mieteinnahmen der Arbeiterinnen und Arbeiter die Altersversorgung zu finanzieren, weshalb die Häuser auch „Rentenhäuser“ genannt wurden. Es entstanden weitere Fabriken, zum Beispiel die Augustiner Brauerei oder die Metzeler Gummifabrik, deren Duftmarken den anderen Fabriken um nichts nachstanden. Für das Bürgertum kam die Gegend als Wohnort kaum in Frage. Von dem anfänglichen Plan, auch eine Villen-Siedlung zu errichten, nahm man bald Abstand. Das Westend entwickelte sich zu einem reinen Arbeiterviertel, mit Wohnkasernen, einigen Manufakturen, einer „Kinderbewahranstalt“ und ersten Genossenschaftswohnungen.

Aufstieg der Arbeiterbewegung und des „roten Viertels“

Das dichte Zusammenleben und -arbeiten in einer Zeit, in der die Klassengegensätze sehr deutlich sichtbar waren, führte zu einer starken Politisierung der Bevölkerung. Neben diversen kleineren Strömungen trat die sozialistische Bewegung am stärksten hervor. Die Menschen organisierten sich in roten Parteien, Gewerkschaften und Sport-, Schach-, Wander-, Sparund Singvereinen, sowie in Genossenschaften. In einer Chronik der evangelischen Kirche hieß es derzeit:

„Die politische Ausrichtung der Westendbevölkerung ist stark linksradikal und arbeitet mit allen Mitteln gegen die Kirche. Aus den gegebenen Gründen ist die Pflege der gefährdeten Jugend ein besonderes Anliegen“.

(der ganze Artikel im PDF Format)