Mach dich nackt (2)

Ein Interview von Agnes Andrae

„Mach dich nackt“ – oder die Frage nach den Fluchtursachen

Herr J. kam als Geflüchteter nach Deutschland. Er liebt es Sherlock Holmes und The Newsroom zu schauen. Sein Lieblingsfußballverein ist der FC Bayern; Volleyball und Theater spielen mag er ebenso. Hier berich- tet er von seinen Erfahrungen mit der vermeintlich kleinen aber sehr privaten Frage, warum er denn geflüchtet sei.

Warum bist du geflohen?“ – Wie oft hast du diese Frage schon gehört?
Sehr oft. Und jedem Mal habe ich mich schlecht gefühlt. Jeder erwartet, dass ich selbstverständlich darauf antworte. Sie erwarten auch, dass ich ihnen die Frage nicht übel nehme und keine bösen Absichten dahinter vermute. Selbst wenn es mir unangenehm war, habe ich trotzdem meistens geantwortet. Ich bin politisch sehr aktiv, aber die Frage verletzt mich dennoch. Es schwingt dabei immer mit: Ich bin nicht von hier! Warum bin ich hier und was habe ich hier zu suchen? So habe ich die Frage immer verstanden.
Hast du dann das Gefühl, dich rechtfertigen zu müssen?
Ja. Manche wollen hören, ob ich wegen Geld hierher gekommen bin und ob die Klischees über Flüchtlinge wahr sind. In vielen Fällen, habe ich ausführlich auf die Frage geantwortet, weil ich die Leute aufklären wollte. Ich erkläre meistens, wie die Lage allgemein in meinem Land ist und dann, wie es bei mir privat gelaufen ist. Aber, wenn ich einen schlechten Tag habe, sage ich nur: Das ist eine lange Geschichte, reden wir irgendwann später einmal darüber. Oder ich sage ganz offen: Das ist mir unangenehm, ich möchte nicht darauf antworten.

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