Knast bleibt Knast

Von IGGA Berlin

Knast bleibt Knast

Um zu verschleiern, dass es sich bei der Abschiebehaft um einen Beitrag zur Abschottung Europas vor Flüchtlingen handelt – was Folge eines rassistischen Systems ist – versucht die Politik „normales“ Verwaltungshandeln zu suggerieren: Man spricht von „Polizeigewahrsam“ und stellt den Inhaftierten pro Tag im Knast 65,99 € in Rechnung. Bei jeder Haftverlängerung fallen dazu Gebühren für das einweisende Gericht an, die ebenso die Inhaftierten zu tragen haben. Außerdem können Kosten für Dolmetscher – wo benötigt – hinzu kommen. Hohe Kosten für den erlittenen Freiheitsentzug! Dem Anschein des Verwaltungshandelns widerspricht, dass die Menschen in ein Gefängnis gesperrt werden und alle damit verbundenen Umstände und Maßnahmen erdulden müssen, obwohl sie keine Straftat begangen haben. Die Inhaftierten werden während ihrer Haft sichtbar und fühlbar kriminalisiert, wenn sie beispielsweise zu Botschaftsvorführungen und zu Arztbesuchen in Handschellen geführt werden. Dass die Fesseln häufig nicht einmal während der ärztlichen Behandlung abgenommen werden, ist ein Skandal, der auch die Ärzte und Krankenpfleger betrifft, die sich nicht gegen derartige Vorführungen verwehren.

Gitter – Mauern – Wachtürme

Dass das Gebäude außerordentlich ungeeignet für die Unterbringung von Abzuschiebenden ist, hat die Politik nicht daran gehindert 1995 den ehemaligen DDRFrauenknast zum Abschiebeknast umzufunktionieren. Im ehemaligen DDR-Frauenknast in Köpenick wurden in den letzten Jahren die übrig gebliebenen Hochsicherheitsmaßnahmen etwas reduziert. Das heißt, Besuchertrennscheiben und Innengitter wurden teilweise abgebaut, der tägliche Hofgang auf großzügige 90 Minuten verlängert. Beschäftigungsmöglichkeiten für die dort Festgehaltenen gibt es keine. Das deutsche Anstaltsessen müssen die in Gemeinschaftszellen Gesperrten an im Boden verschraubten Tischen einnehmen – hinter Gittern, umgeben von Mauern und Wachtürmen. Wie lange sie eingesperrt bleiben, wissen die Inhaftierten nicht. Aber es hat sich rumgesprochen: Wer nicht kooperiert, sitzt länger. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Abschiebehaft als Beugehaft missbraucht wird. Auch aus diesem Grund verebbt gemeinsamer Widerstand im Knast. Einzelne Widerständige werden sofort isoliert. Suizidversuche im Knast nehmen zu. Nicht nur im Knast sind die Inhaftierten von entwürdigenden und ängstigenden Behandlungen betroffen. Nach der Festnahme und zur Haftverlängerung werden alle erst einmal in „Polizeigewahrsam“ am Tempelhofer Damm gebracht. Dort werden sie einem Richter des Amtsgerichts Tiergarten vorgeführt, der die Haft im Köpenicker Knast anordnet und verlängert. Die Inhaftierten berichten von winzigen Zellen ohne Fenster, in die sie für viele Stunden oder auch die ganze Nacht gesperrt werden. Der Umgangston der Polizisten sei rau, deren Verhalten oft aggressiv.

Die Zahl der Inhaftierten ist gesunken

Immer weniger Abschiebehäftlinge werden im Köpenicker Knast untergebracht. Die Zahl der Haftplätze ist inzwischen von 350 auf 214 reduziert worden. Aktuell sind zwischen 15 und 30 Personen in der köpenicker Anstalt inhaftiert – davon sind ungefähr 10% Frauen. Die sinkenden Häftlingszahlen werden vor allem für die Frauen im Knast zum Problem. Manchmal sitzt eine Frau in Isolationshaft, weil gar keine anderen Frauen da sind. Gründe für das Sinken der Anzahl Eingelieferter, von über 5.000 im Jahr 2003 auf unter 1.000 in den letzten Jahren, sind neben der verschärften Abschottung der europäischen Außengrenzen finanzielle Überlegungen des Senats. Abschiebungen lassen sich anders und billiger organisieren. Außerdem führte die Erweiterung der EU dazu, dass Menschen aus neuen EU-Ländern – die Deutschland früher bei der Einreise einsperrte – jetzt einreisen dürfen.

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