Verfassungsschutzwissenschaftsjournalismus

Von Friedrich C. Burschel

Verfassungsschutzwissenschaftsjournalismus

Eine nicht unbedeutende Anzahl von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Bundesrepublik wechselt munter zwischen Journalismus, Geheimdiensten, politischer Bildung und Forschung hin und her. Ohne ihre aktuelle oder zurückliegende Tätigkeit im staatlichen Sicherheitsapparat zu erwähnen, gelingt es diesen Autorinnen und Autoren ohne nennenswerten Widerspruch, unter das Deckmäntelchen der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit zu schlüpfen.

Wer von diesen Altkommunisten noch unter den Lebenden weilt, ist für Revolutionsromantiker ungefähr so interessant wie es jene ehemaligen SSund Wehrmachtshelden, die von Stalingrad erzählen, für junge Neonazis sind.“1

Dieser Satz ist einem Buch entnommen, dessen Autoren als Paradebeispiele für eine völlig inakzeptable Radikalisierung einer staatlich geförderten Wissenschaftspublizistik gewertet werden können. Es geht um das Machwerk „Linksextrem – Deutschlands unterschätzte Gefahr?“ der beiden Politikwissenschaftler Harald Bergsdorf und Rudolf van Hüllen.

Zwischen Staatskanzlei, Redaktionsstube und Uni

Der promovierte Politologe Bergsdorf, Sohn des Kohl-Intimus Wolfgang Bergsdorf, ist Lehrbeauftragter an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und seit einigen Jahren Leiter der „Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus“ in Nordrhein-Westfalen. Diese ist beim Familienministerium angesiedelt und wird aus dem Bundesprogramm „kompetent für Demokratie“ finanziert. Parallel zur Lehre an den Unis in Jena und Bonn war der CDU-Mann wohl bis 2005 auch Mitarbeiter des christdemokratisch geführten Thüringer Innenministeriums – in jener Zeit eine Hexenküche, in der die Ingredienzien des aktuellen bundesweiten Geheimdienst-Skandals zusammen – gerührt wurden.

Nach 2005 war Harald Bergsdorf Grundsatzreferent der CDU-Landtagsfraktion im nordrhein-westfälischen Landtag. Eine Kleine Anfrage des Linken-Landtagsabgeordneten Frank Kuschel aus dem Jahr 2006 wollte von Innenminister Karl Heinz Gasser (CDU) damals wissen, wie es sein könne, dass ein Mitarbeiter seines Hauses die PDS als „extremistisch“ verunglimpfen und etwa mit den Republikanern gleichsetzen könne. Bergsdorf trat in dieser Zeit als Autor in Zeitungen und Zeitschriften wie dem einschlägigen CSUParteiorgan „Bayernkurier“, dem Periodikum der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) „Die politische Meinung“ oder dem erzkatholischen Blatt „Die Neue Ordnung“ in Erscheinung. Sein Tenor: die PDS sei „linksextremistisch“2 , verharmlose den millionenfachen Judenmord der Nazis3 und arbeite „– ähnlich wie rechtsextreme Ideologien – mit Sündenböcken und Verschwörungstheorien“4 . Zur selben Zeit war auch Bergsdorfs Vater Wolfgang als Herausgeber der KAS-Publikation und Autor in der „Neuen Ordnung“ tätig: der Apfel fällt wohl auch ideologisch nicht weit vom Stamm.

Doktorarbeit im Dienst des Verfassungsschutzes

Seine Zeit als Beamter im Staatsdienst hat Harald Bergsdorf mit Rudolf van Hüllen, dem zweiten Autoren von „Linksextrem“, gemeinsam. Van Hüllen war fast zwanzig Jahre lang Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfVS) in Köln. Bis 2006 arbeitete er dort als Referent und Referatsleiter in der Abteilung „Linksextremismus und Linksterrorismus“. Wie Bergsdorf studierte er an der Uni Bonn, die mit Professoren wie Manfred Funke und Hans-Hellmuth Knütter neben den sächsischen Thinktanks in Chemnitz und Dresden als wichtiger Hort der politikwissenschaftlichen Reaktion gelten darf. Ihm sei es wichtig, über die wissenschaftliche Forschung hinauszugehen und im Alltag aktiv zu sein, „wo oftmals didaktisches Geschick und Einfühlungsvermögen für den Erfolg größere Bedeutung haben als lückenlose Beherrschung wissenschaftlicher Diskurse“

(der ganze Artikel im PDF Format)