Straßen des kolonialen Terrors

Straßen des kolonialen Terrors

Die aktuelle Initiative des Ausländerbeirates München zur Umbenennung kolonialer Straßennamen könnte die Debatte über den Umgang mit Deutschlands kolonialem Erbe in München (wieder) in Gang bringen. Eine Ausstellung soll ab Herbst 2013 in München die Straßennamen als prominente Spuren des Kolonialismus thematisieren und alternative Namen vorschlagen.

Am 26. März 2012 beschloss der Ausländerbeirat München einstimmig einen Antrag auf Umbenennung von einem Dutzend Straßen in den Stadtbezirken Bogenhausen und Trudering Riem. Vor allem in diesen Stadtteilen finden sich etliche von mehr als dreißig Straßen in München, deren Namen an koloniale Akteure, kolonialen „Besitz“ oder koloniale Massaker erinnern. Einzig die Von-Trotha-Straße wurde 2006 gegen den Widerstand der Anwohnerinnen und Anwohner in Hererostraße umbenannt. Ihr ehemaliger Namensgeber Lothar von Trotha hatte den Vernichtungskrieg der deutschen „Schutztruppe“ gegen die Herero und Nama im heutigen Namibia (1904-1908) angeführt. Weitere Straßen erhielten lediglich Erklärungstafeln. Als „nicht ausreichend“ bezeichnet der Ausländerbeirat in seinem Beschluss diese Erläuterungen und spricht sich deutlich gegen die Ehrung von Personen aus, die „mit brutaler rassistischer Ideologie verbunden“ [sind]. Innerhalb der nächsten drei Monate muss der Münchner Stadtrat nun diesen Antrag behandeln. „Wir gehen davon aus, dass der jetzige Stadtrat unseres weltoffenen Münchens sich von den Taten und Symbolen ihrer Vorgänger der 30er und 40er Jahre distanziert und bereit ist, einige damalige Irrtümer zu korrigieren“, so Hamado Dipama vom Arbeitskreis Panafrikanismus München. Er fügt hinzu, dass man die Namen kolonialer Gräueltäter in den Geschichtsund Schulbüchern deutlicher darstellen sollte, um die Vergangenheit nicht zu vergessen, anstatt sie mit Straßennamen zu würdigen. Die Straßen sollten besser umbenannt werden nach Opfern rassistischer Gewalt in Deutschland.

Abwehrreaktionen und Verteidigung

Der Antrag ist ein erneuter Anlauf, in die den deutschen Kolonialismus betreffende Erinnerungspolitik der Stadt München zu intervenieren. In den letzten zehn Jahren flammte die Debatte um die kolonialen Straßennamen immer wieder auf. Im Sommer 2003 stellten die Münchner Grünen/Rosa Liste einen maßgeblich von Grünen-Stadtrat Siegfried Benker forcierten Antrag zur „Entkolonialisierung der Münchner Straßennamen“. Die CSU des Bezirksausschusses (BA) Trudering Riem reagierte prompt mit einer Ablehnung jeglicher Umbenennung, die mit Verwaltungsaufwand und Unannehmlichkeiten für die Anwohnerinnen und Anwohner begründet wurde. Hans Podiuk, damaliger CSU-Vorsitzender der Stadtratsfraktion und Mitglied in eben jenem BA, sah auch inhaltlich keinen Grund zum Handeln: „Straßennamen sind aus ihrer Zeit heraus entstanden und entsprechend zu beurteilen. Ich persönlich kann keine Verherrlichung von Kolonialverbrechen erkennen, wenn Straßen nach Orten oder Personen aus der Kolonialzeit benannt sind.“ Dem von SPD und Grünen herbeigeführten Beschluss, die betreffenden Straßennamen durch das Stadtarchiv prüfen zu lassen, folgte ein von der CSU angeführter Entrüstungssturm der Anwohnenden.

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