Please keep (Y)our kitchen clean

Von Veronika Weis

Please keep (Y)our kitchen clean

Sicherheit, Kontakte mit Angehörigen, eine Aufgabe, Zuneigung, Bildung und Zukunftsperspektiven, das sind die Zutaten für ein gelungenes Heranwachsen. Im SOS-Clearinghouse in Salzburg versucht man, genau das den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) zu bieten und trotzt damit widrigen politischen Vorgaben.

Aigen ist ein beschauliches Viertel am Stadtrand Salzburgs. Hier, inmitten gepflegten Rasens und gehegter Idylle, steht ein großes Wohnhaus, dessen bunt bemalte Fenster an diesem frühen Sommertag weit offenstehen. Musik und Stimmengewirr tönen heraus, jemand lacht und am Eingang werde ich von einem Mädchen begrüßt, das mir den Weg zum Büro weist. An der Wand hängt eine Zeichnung mit der Aufschrift „Ich liebe das Clearinghouse“. Für einen kurzen Moment ist mir, als gäbe es in Österreich weder Asylverschärfungen noch Abschiebungen, stattdessen Offenheit und Toleranz.

Einer, der für diesen Eindruck maßgeblich verantwortlich ist, ist Johann Svager. Seit 2001 leitet er das SOS-Clearinghouse Salzburg, das vom Land Salzburg gefördert wird. Bis zu 47 Jugendliche und junge Erwachsene, die alleine aus ihrem Heimatland geflohen sind, finden hier nicht nur Unterkunft, sondern auch ein intensives Betreuungsund Bildungsangebot. Die meisten wurden dem Clearinghouse vom Erstaufnahmezentrum Traiskirchen nach der Erhebung des Alters und der Herkunft zugeteilt. Aber wie klärt man eigentlich das Alter eines Menschen ab, der oft nicht viel mehr als das, was er am Leibe trägt, bei sich hat?

Wer zu alt ist, geht

Bisher, so erfahre ich, akzeptierten die Behörden diesbezüglich häufig die Angaben der Asylsuchenden, sofern ihnen diese glaubwürdig schienen. Doch seit Jahresbeginn 2010 ist mit der letzten Fremdenrechtsnovelle (2009) zu regelmäßiger Praxis geworden, was zuvor umstrittene Ausnahme war. Mittels radiologischer Untersuchungen wird nun bei fehlenden Dokumenten das Alter erhoben. Eine Praxis, die bereits nach wenigen Monaten Spuren im Haus hinterlässt. Während man im Vorjahr aufstockten musste, bleiben jetzt Betten leer. An den Absichten dahinter zweifelt Herr Svager nicht: „Obwohl bekannt ist, dass die medizinischen Untersuchungen einer Schwankungsbreite von plus/minus zwei Jahren unterliegen, wird jeder, der beim Test als über 18 Jahre befunden wird, auch als volljährig angesehen und behandelt – mit allen daraus resultierenden Konsequenzen!“ Konkret bedeutet das, dass die jungen Menschen mittels Anwendung des Dublin-II-Verfahrens1 in ein so genanntes sicheres Drittland abgeschoben werden können. Für Herrn Svager ist dieser Zustand untragbar: „Wäre ich österreichischer Innenminister, ich würde als allererstes die Altersfeststellung abschaffen.“ Besonders sauer stößt ihm auf, was hier zum Erreichen administrativer und finanzieller Einsparungen in Kauf genommen wird: „Früher musste man damit rechnen, dass manch einer, der nicht mehr minderjährig war, in den Genuss einer teureren Betreuung2 kam. Ich frage mich, ist das so schlimm, kann sich Österreich das nicht leisten? Jetzt hingegen müssen wir davon ausgehen, dass tatsächlich Minderjährige abgeschoben werden. Dabei ist jede Woche, in der ein Jugendlicher nicht entsprechend gefördert und begleitet wird, verlorene Zeit.“

(der ganze Artikel im PDF Format)