„Eine Abschiebung kann man nicht rückgängig machen.“
(Jonathan Shapiro)
Liebe Leser*innen,
knappe 20.000 Menschen wurden im Jahr 2015 aus Deutschland abgeschoben; im Jahr 2016 waren es knappe 24.000. Die Gründe dieser Menschen, überhaupt erst nach Deutschland zu kommen, waren so unterschiedlich wie sie selbst – aber gemein ist ihnen, dass sie gegen ihren Willen gewaltsam fortgeschickt wurden.
Man möchte meinen, dass Deutsche eine besondere Sensibilität gegenüber dem Akt gewaltsamer Transportation hätten, aber in dieser Meinung wird man bitter enttäuscht. Statt als sorgfältig abgewogene ultima ratio finden Abschiebungen mit zynischer Alltäglichkeit statt. Menschen werden abgeschoben in Länder, in denen mit Sicherheit Folter, Mord und Vergewaltigung auf sie warten. Menschen werden mit Gewalt aus ihren Schlafzimmern, Schulen und Arbeitsplätzen gerissen. Menschen werden unter verzweifelten Tränen von ihren Eltern, Kindern und Geschwistern getrennt. Wer Widerstand leistet oder protestiert, muss selbst mit Knüppeln und Tränengas rechnen. Die ausführenden Beamten geben süffisant zur Kenntnis, dass sie nur geltendes Recht umsetzen, und waschen ihre Hände in Unschuld. Die Bevölkerung ruht sich in ihrer Ahnungslosigkeit und Gleichgültigkeit aus. Im Jahr 2017 ist Deutschland eine Nation von Mitläufer*innen.
Wir sind der festen Überzeugung, dass Deutschlands – und insbesondere Bayerns – Abschiebepraxis menschenunwürdig, rechtsbrüchig und sadistisch ist. Wir sind auch der Überzeugung, dass sie in jeder Hinsicht gesellschaftsschädigend und unnötig ist. Und wir sind mit dieser Überzeugung in unserer kleinen Redaktion nicht alleine. Deswegen findet ihr in dieser Ausgabe Reportagen, Analysen und Argumente, die zeigen, was schiefläuft und wie es besser gehen könnte. T. Ghosh hat für uns Gerichtsprozesse dokumentiert, in denen über Abschiebungen entschieden wird. Birgit Neufert informiert über Kirchenasyl. Hubert Heinhold gibt juristische Tipps für den Fall der Fälle. Und Sebastian Muy bespricht die aktuellen Positionen der Sozialen Arbeit.
Diese Ausgabe macht leider nicht viel Spaß. Aber vielleicht kann sie ein wenig helfen, die Monstrosität einer gesellschaftlichen Dynamik zur Schau zu stellen, die Gefahr läuft, zur Regel zur werden.
Eure Abschiebegegner*innen von der
Hinterland-Redaktion