Trügerische Ruhe überspielt unberechenbare Gewalt

Von Christine Wolfrum

Der Schriftsteller Roman Ehrlich und der Fotograf Michael Disqué reisten ins Nato-Camp Marmal nahe Masar-i-Scharif in Afghanistan. Im Band Das Theater des Krieges vermitteln sie einen ungewöhnlichen Einblick.

Das Camp, geschottertes, eingezäuntes Gelände. Dahinter schemenhaft die Hügelkette des Hindukusch. Die meisten der hier stationierten Soldat*innen werden die Außengrenzen niemals übertreten. Gefahren lauern selbst hier. Eine mit frischem Beton geflickte Stelle auf dem Rollfeld des Camp-Flughafens – gekennzeichnet mit einem rotem R – markiert die Einschlagstelle einer Kurzstreckenrakete, die aus den Bergen abgefeuert wurde.

In der künstlichen Landschaft des Sprengfallenübungsgeländes trainieren Soldat*innen: „So bittet Herr K. nach hinten in die Ecke mit den Exponaten zu gehen und sich dort genau umzusehen. Ich gehe hin und sehe nichts Besonderes unter den verschiedenen Schautafeln. Herr K. fragt aus der Entfernung, ob mir etwas auffalle. Ich sage nein, was soll mir denn auffallen? Dann höre ich ein Klingeln eines Handys direkt neben mir. Das Telefon liegt auf einem kleinen Paket, das an die Wand geklebt ist. Ein paar Drähte verbinden die beiden Teile. ,Dass du jetzt tot bist’, sagt Herr K.“

Allein im Jahr 2016 starben im Krieg der internationalen und afghanischen Truppen gegen die Taliban fast 7000 Soldat*innen. Im Band „Theater des Krieges“ berichtet Roman Ehrlich nicht etwa über atemberaubende Einsätze im Kriegsgebiet. Vielmehr notiert er, nahezu militärisch trocken, was zentral den Alltag eines solchen Einsatzes bestimmt. Da geht es vor allem um die Sicherung und Organisation der Truppe, mit ihren ausführlichen Schulungen. Banales hält er neben genau Beobachtetem fest: Bier gibt es nur zwischen 20 und 22 Uhr. Es gilt die Zwei-Dosen-Regel.

(der ganze Artikel im PDF Format)