Der Sound der Regression

Von Peter Bierl

Grüne und linke Heimattümmelei. Heute kann man sich kaum noch retten vor Aussagen, die Heimat anpreisen als provinzielle Kuschelzone, die angeblich jeder Mensch brauche, und als Liebe zur nationalen Identität, derer wir angeblich bedürfen. Der Verfassungspatriotismus als ideologischer Kitt genügt wohl nicht mehr. Gefragt sind Drogen aus dem Arsenal des völkischen Nationalismus.

„Wir lieben dieses Land. Das ist unsere Heimat. Diese Heimat spaltet man nicht. Für diese Heimat werden wir kämpfen.“ Mit diesen Sätzen löste Katrin Göring-Eckardt, damals Vorsitzende der Grünen, unmittelbar nach der Bundestagswahl im Oktober 2017 eine öffentliche Debatte aus. Die Jugendorganisation und ein paar versprengte Parteilinke empörten sich über dieses martialische Bekenntnis, aber es kam auch Unterstützung, etwa von ihrem Ko-Vorsitzenden Cem Özdemir. Er betonte, man dürfe den Begriff nicht den Nationalisten überlassen.

Der damalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) verwahrte sich in dieser Debatte dagegen, eine Sehnsucht nach Heimat und Leitkultur als rechts abzuqualifizieren. Eineinhalb Jahre später empfahl er die Koalition der SPÖ mit der FPÖ im österreichischen Burgenland und den Abschottungskurs seiner dänischen Parteifreunde gegen Migrant*innen als vor-bildliche Strategie. Aus den Reihen der Linkspartei griffen Alexander Fischer, Staatssekretär für Arbeit und Soziales in Berlin, und Benjamin-Immanuel Hoff, Chef der Staatskanzlei in Thüringen, in die Debatte ein. In Springers rechtem Kampfblatt Die Welt plädierten sie für einen Heimat- und Sicherheitsbegriff, der dem Lebensgefühl der Ostdeutschen entgegenkommen solle, die sich in der Bundesrepublik nicht heimisch fühlten. Die Ossis mussten herhalten, um eine zutiefst affirmative und unkritische, mindestens aber undifferenzierte Haltung zu legitimieren.

Auch im Neuen Deutschland wurde über Heimat gestritten und Bodo Ramelow, der linke Ministerpräsi-dent von Thüringen, legte ein Bekenntnis zur Heimat ab, die er sich „von keinem Nazi wegnehmen“ lasse. Zwar verwahrte sich der Ministerpräsident dagegen den Begriff zu politisieren, allerdings definierte er Heimat ähnlich wie zuvor Fischer und Hoff als Schutzraum, ohne zu sagen, wer denn vor wem geschützt werden soll. Es sei ein Fehler, den Begriff zu skandalisieren und aufzugeben, meinte Ramelow. Darum unterstütze er ein „breit angelegtes Brauchtum in Thüringen“, also den Nährboden, auf dem auch Neonaziorganisationen wie der Thüringer Heimat -schutz gedeihen können.

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