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Ausgabe Nr. 25 | asyl

 


Liebe Leserinnen & Leser,

am 21. Januar ertranken vor der griechischen Insel Farmakonisi drei Frauen und neun Kinder. Sie waren Insassen eines mit afghanischen und syrischen Flüchtlingen besetzten Bootes, das von der griechischen Küstenwache aufgebracht wurde. Überlebende berichten, die Küstenwache habe das Boot absichtlich mit viel zu hoher Geschwindigkeit geschleppt, so dass es kenterte. Auch die weiteren Umstände lassen eine „Push-back-Operation“ vermuten, mit der die Asylsuchenden am Betreten eines EU-Mitgliedstaates gehindert werden sollen.
Im Oktober 2013 ertranken vor Lampedusa vierhundert Bootsflüchtlinge. Die Refugees der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ schrieben dazu: „Die wohl schlimmste Flüchtlingstragödie der letzten Zeit war kein trauriger Einzelfall, sondern das direkte Resultat der mörderischen EU-Asylpolitik, die seit 1993 schon über 16.000 Tote gefordert hat.“

Asylpolitik ist in EU-Europa heute de facto eine proaktive Asylverhinderungspolitik. Es geht um rücksichtslose Abwehr und Abschreckung von Asylsuchenden, ungeachtet der konkreten Gründe für ihre Flucht. Politikerinnen und Politiker mögen gelegentlich menschenrechtliche Sonntagsreden halten, doch im asylpolitischen Alltag ist von Empathie für die Opfer von Verfolgung nichts zu spüren. Mehr noch: Unzählige Beispiele zeugen von Rassismus gegenüber Geflüchteten – weltweit. Wie Gesetzgebung, institutionelle Praxis, mediale Hetze und ein rassistischer Mob zusammenspielen können, zeigt etwa die faktische Abschaffung des Rechts auf Asyl 1993 in Deutschland.

Dabei ist das Recht auf Asyl eines der fundamentalen Menschenrechte, die nach 1945 im Rahmen der UN näher bestimmt wurden. Die Genfer Flüchtlingskonvention und weitere Abkommen verlangen von den Nationalstaaten den Schutz politisch Verfolgter, in vielen nationalen Verfassungen und Gesetzgebungen wird ihnen daher Asyl zugestanden. Doch nicht nur in Europa wird dieses Grundrecht mit Füßen getreten. Flüchtlingen wird durch Gesetzesänderungen und Verwaltungsvorschriften systematisch die Möglichkeit genommen, Asyl in Anspruch zu nehmen. Während Politikerinnen und Politiker blutige Bürger- kriege wie in Syrien beklagen, weigern sie sich, mehr als nur eine Handvoll Flüchtender aufzunehmen. Ähnliches gilt für Asylsuchende aus Libyen, wo die westliche Intervention ihren Teil dazu beitrug, dass viele Menschen flüchten mussten.
Unser Themenschwerpunkt will diese jahrzehntelange Entwicklung genauer in den Blick nehmen und die fatalen Folgen für die Geflüchteten herausstellen. Letztere sollen dabei nicht auf einen Opferstatus reduziert werden. Die kämpferischen Bewegungen der Refugees zeigen, wie sehr sie sich als Akteurinnen und Akteure verstehen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollen.

Der Themenschwerpunkt entstand in enger Zusammenarbeit der befreundeten Redaktionen von Hinterland und iz3w, die ansonsten un- abhängig voneinander arbeiten und ein eigenes Profil haben. Doch vieles eint uns politisch, etwa die Empörung über die mörderische Asylpolitik und die Motivation, mit publizistischen Mitteln dagegen zu protestieren. Die meisten Texte erscheinen in beiden Zeitschriften, in der Hinterland werden jedoch teilweise längere Versionen und einige zusätzliche Beiträge präsentiert.

Unser gemeinsamer Schwerpunkt soll Leserinnen und Leser dazu motivieren, die jeweils andere Zeitschrift näher kennen zu lernen. Vor allem aber rufen wir dazu auf, sich der vorherrschenden Asylpolitik aktiv entgegenzustellen und Geflüchtete zu unterstützen.

Viel Spaß bei der Lektüre!

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Ausgabe Nr. 23 | reisen

 
Liebe Leserinnen und Leser,

Hurra!, der Sommer ist da, und mit ihm die neue Hinterland. Na gut, auch wir wissen, dass die heißesten Tage und vielerorts auch die Ferien schon fast vorbei sind, aber dennoch widmet sich unsere aktuelle Ausgabe einem Sommerthema, dem Reisen. Und egal ob auf dem Weg in den Süden oder im Rückreisestau, in der Hängematte, auf dem Segelboot, im Sand oder auf dem Balkon, mit oder ohne Hut und Schirm, in der neuen Hinterland ist hoffentlich für alle etwas dabei.

Wie immer haben wir versucht, uns dem großen Thema von allen Seiten zu nähern, und so findet ihr neben Interviews zu Öko- und Favela- Tourismus Beiträge zu Orientalismus, Kolonia- lismus und Antiziganismus. Und weil Reisen natürlich nicht immer nur aus -ismen besteht und reibungslos und entspannt ist, gibt es noch ein paar persönliche Reisesplitter und unsere Fotostrecke Globale Impressionen oben drauf. Für alle, die im Urlaub gerne ein bisschen rätseln, haben wir ein kleines Ratespiel zum weltweit wichtigsten aller Reiseziele im Gepäck – dem Hostel. Außer- dem gibt es Comicstrips vom LandrömŠr aus der Serie „Kauboi und Kaktus“.

Ganz dem Thema entsprechend müssen wir zugeben, dass die letzten Redaktionssitzungen vorzugsweise an der Isar stattfanden. Weil auch unser neuer Redaktionshund Paula oft dabei war, konnten manche nicht nur mit wenig Licht in einem Schwarm von Mücken Texte lesen, sondern gleichzeitig noch Stöckchen ins hohe Gras werfen.

Bleibt noch der Hinweis auf die kommenden Ausgaben: Nächster Schwerpunkt wird das Thema „Sprache“. Ihr seid natürlich eingeladen, uns dazu Artikelvorschläge, Bilder, Comics etc. zu schicken. Und nächstes Jahr gibt es – Premiere – eine Gemeinschaftsausgabe mit der geschätz- ten iz3w zum Thema Asylpolitik. Wenn das keine guten Aussichten sind.

Viel Spaß beim Lesen
Eure Redaktion

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Ausgabe Nr. 24 | sprache

 
Liebe Leserinnen und Leser,

Schwerpunkt der Winterausgabe ist „Sprache“. Es wurde auch wirklich Zeit, dass wir uns diesem großen Thema mal annehmen. Denn begegnen uns nicht alltäglich in Medien, Politik und vor der Haustür Aussagen, die Sprache als „den Schlüssel“ zur „Integration“ (> siehe Glossar nerviger Begriffe) begreifen? Ohne die Beherrschung der hiesigen Hochsprache scheint da nicht viel zu gehen, und so ist Sprache nahezu zum Gradmesser der leidigen Debatte geworden. Vehement wird sie eingefordert von allen, die hier länger leben wollen. Und wehe, es zeigt sich nicht genug Bemühen; dann wird die Sprache schnell zum Beweis für fortdauernde „Integrationsunwilligkeit“ (> Glossar).

Dabei ist es leider keinesfalls so, wie gerne sug- geriert, dass, wer die Sprache beherrscht, automatisch mitreden kann. Also, lassen wir uns nicht lumpen: Sprache ist zweifelsohne wichtig, denn sie dient der täglichen Verständigung. Aber eine Sprache zu lernen, lohnt sich vor allem dann, wenn sich damit Austausch und Perspektiven verbinden. Daran könnte die Politik noch arbeiten. Und eigentlich leben wir doch schon längst in einer mehrsprachigen Gesellschaft, oder? In diesem Heft findet ihr nicht nur Beiträge zu Sprachkursen, Nationalsprache oder Sprachmauern, sondern auch zu gendergerechter Sprache, bilingualen Beziehungen und zur Sprache der Architektur sowie ein umfangreiches Glossar zu den wirklich döfsten Begriffen der deutschen Asylbürokratie (> und schon wieder einer!). Weil das Thema Körpersprache leider ein bisschen kurz kommt, haben wir noch ein paar Fotos gemacht und einen Film beigelegt. Zur Sprache gäbe es natürlich viel mehr zu sagen – vielleicht irgendwann bei „Sprache 2“?

Also, schnappt euch Plätzchen und Heißgetränke und habt viel Spaß mit der neuen Hinterland- Ausgabe!

Eure Redaktion

PS: Die nächste Ausgabe zum Thema Asylpolitik bringen wir zusammen mit der geschätzten iz3w heraus.
Wir freuen uns schon!

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Ausgabe Nr. 22 | gut vernetzt

 

 

Gut vernetzt starten wir in diese Hinterland Ausgabe. Mit bestem Beispiel voran gehen dabei die Schweinenasen auf unserem Titelblatt, eine Momentaufnahme der letztjährigen Bodensatz-Kaffeefahrt zur Schweinemast nach Niederbayern –gute Spürnasen entdecken hier sogar das ein oder andere Redaktionsmitglied… Aber auch jenseits kollektiver Erlebnisreisen ist das Thema Vernetzung hochaktuell, denn ohne gute Netzwerke scheint heute nix mehr zu gehen. So machen uns zumindest jene Karrierestrategen glauben, die Networking als elementares Modul in das Programm persönlicher Selbstoptimierung aufgenommen haben und dadurch Beziehungsgeflechte auf eine professionelle Ebene heben. Aber eigentlich gab es Netzwerke doch schon immer, oder?

Und dies natürlich nicht nur im positiven, sondern auch im negativen Sinne. So werfen die Autorinnen und Autoren dieser Hinterland-Ausgabe nicht nur einen Blick auf die Formen und Möglichkeiten der Vernetzung von Flüchtlingen oder Migrationsgruppen. Auch die Schattenseiten des Netzwerkens werden in Zusammenhang mit den Altherrenbünden der Burschenschaf ten oder den politischen Verwobenheiten der Sudentendeutschen thematisiert. Und wie fühlt man sich eigentlich, wenn das Netzwerk gänzlich fehlt, weil man als Flüchtling aus Sierra Leone in ein schwäbisches Provinzlager gesetzt wird?
In diesem Sinne ist die Ausgabe wie immer vielfältig, auch wenn das Thema natürlich mehr hergibt. Zumindest gab es auch in der Redaktion wieder viel Anlass zu hitzigen Diskussionen: Wir sind uns immer noch nicht darüber einig, ob Facebook unser Leben nun bereichert oder eher die stressigen Auswüchse des Vernetzungsfetischismus markiert. Aber dazu ein anderes Mal.

Und nun: Viel Spaß beim Lesen!
Eure Hinterland-Redaktion

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Ausgabe Nr. 21 | unterhaltung

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Nachdem sich unsere letzten zwei Hinterland-Ausgaben mit den Themen Abschiebung und Paternalismus eher schwerer Kost widmeten, hatten wir ein großes Bedürfnis, uns endlich mal wieder mit einem „leichteren“ Thema zu beschäftigen. 

An einem lauen Sommerabend fanden wir am Isarstrand bei Rotwein und Bier auch das passende Thema: Unterhaltung! Uns schwebte ein heiteres, buntes Heft vor, das nur so strotzen sollte vor anregenden Beiträgen über Musik, Kunst, Literatur und Film. Soweit der Plan. Natürlich brach noch am selben Abend eine Debatte darüber aus, was denn eigentlich unter Unterhaltung zu verstehen sei. Schnell wurde klar, dass es höchst unterschiedliche Wege gibt, sich zu „unterhalten“.

Bei der Erstellung der vorliegenden Ausgabe haben wir gelernt, dass Unterhaltung auch eine verdammt ernste Angelegenheit sein kann. So kommt es, dass das vorliegende Heft bei aller guter Absicht doch in weiten Teilen ein Blick in die fiesen Abgründe der Unterhaltungsindustrie geworden ist: Unsere Nummer 21 befasst sich neben vielen anderen Aspekten mit der „Lust am Elend der Anderen“ (Seite 20), mit den rassistischen Praktiken im deutschen Theaterbetrieb (Seite 31) oder der antiquierten Darstellung von Migrationsgeschichte in deutschen Museen (Seite 47). Für positive Vibes sorgt Politkünstler Ralf Homann, der zeigt, dass politische Aktionen durchaus unterhaltend sein können und sollen (Seite 12) sowie einige höchst gelungene Comics und Filme über das Thema Flucht und Migration (Seiten 55, 60, 63).

Es muss also nicht immer leichte Kost sein, und in diesem Sinne ist dieses Heft wahrhaft unterhaltsam!

Gute Unterhaltung
Eure Hinterland-Redaktion

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