„Wir“, das sind auch die Neuankömmlinge

Ein Interview von Sil Egger

Im Berliner Stadtteil Neukölln hat Sven Lager mit seiner Frau Elke Naters ein Sharehaus eröffnet. Es soll eine Plattform sein für gemeinschaftliches Wohnen, Leben und Arbeiten. Was geht bei den Initiatoren?

Ihr habt das Sharehaus initiiert, Wohn- und Arbeitsraum, der gemeinsam genutzt wird – und in dem Flüchtlinge unterkommen und mitwirken können. Wie kam es dazu?

Elke und ich hatten jahrelang diesen Traum. Wir wollten immer Künstlersalons haben. Mit Freunden zusammenzusitzen, zu essen, zu sprechen, war uns immer wichtig. Uns haben immer Leute interessiert, die von tiefgreifenden Lebensfragen bewegt werden. So stellen wir uns das Leben eigentlich vor, dass man sich über Austausch gegenseitig bereichert. Vor zehn Jahren zogen wir nach Südafrika und sind dort zum ersten Mal in Kirchen gegangen. Wir merkten, dass dort die Apartheid überwunden wird, weil da eine neue Ebene der Gemeinschaft hergestellt wird, im Glauben. Dass es eine Anerkennung gibt, die es gesellschaftlich nicht gibt. Dann dachten wir, das kann man doch aus dem Kirchenkontext nehmen und in einem Haus machen, das die Türe
auch so aufmacht. Das entwickelte sich zum Sharehaus. Wir haben ein kleines Haus gemietet in Hermanos, einer Kleinstadt bei Kapstadt, ganz günstig, ein bisschen runtergekommen. Wir haben es renoviert und sofort entstanden tolle Gruppen, aus allen Kulturen und Altersstufen. Der Garten wurde hergerichtet, Jugendliche haben Musik gemacht.

Und wie kamen die Leute zu euch?

Bevor wir Gruppen einladen konnten, waren sofort die Interessenten da, die erste Band wurde gegründet, der erste Obdachlose zog ein, obwohl wir nie Leute dort wohnen haben wollten. Es war interessant, was dort passierte, fast wie von allein. Der Schlüssel war immer die Anerkennung und Wertschätzung des anderen. Und jemandem nicht sagen zu müssen, was zu tun ist. Das ist bis heute der Schlüssel in der ganzen Flüchtlingsgeschichte. Wenn wir mal begreifen, dass jeder Mensch etwas Tolles beizutragen hat in der Gesellschaft, das nicht bewertet werden muss, sondern dass alles gleich viel wert ist. Wenn man das mal durchzieht, blühen die Leute auf. Dann gibt’s natürlich 1000 andere Probleme, wie man es macht, strukturiert und wie es weiter geht. (lacht)

(der ganze Artikel im PDF Format)