Taleban – regierungsunfähige Sieger

Von Thomas Ruttig

Drei Monate nach der Machtübernahme der Taleban in Afghanistan erweist sich ihre Herrschaft als gefestigt und teilweise janusköpfig. „Die Sicherheit ist jetzt besser, denn der Krieg ist vorbei“, sagte der Vorstand einer Tadschiken- Gemeinde aus der Provinz Logar südlich von Kabul. Die Taleban hätten auch die „Aber es gibt viele neue Probleme. Die Märkte sind zwar offen, trotzdem gibt es keine Arbeit. Vorher gab es Hilfe von NGOs. Außerdem herrscht Dürre, und wir hatten keine Ernte. Die Menschen kämpfen mit der Armut.“

Tatsächlich kontrollieren die Taleban inzwischen das gesamte Land. Bewaffneter Widerstand im Pandschirtal blieb isoliert und brach schnell zusammen, auch wenn Protagonisten online das Gegenteil behaupten. Es gibt derzeit keine politische Alternative mehr zu ihnen. Zivilgesellschaftliche Organisationsstrukturen und gewählte Vertretungskörperschaften wie das Parlament lösten sich auf. Die Anti-Taleban-Warlords entpuppten sich als Kolosse auf tönernen Füßen. Ihre mit CIA- Geldern aufgebauten Milizen liefen wie die Regierungstruppen ohne signifikante Gegenwehr vor

Ausland. Eine geplante Exilregierung soll nach Mitteilung der dissidenten afghanischen Botschaft in der Schweiz schon existieren. Aber ob und wie der Pandschir-Widerstand und die Warlords kooperieren, ist unklar. Einige Warlords haben im Ausland separat einen Hohen Widerstandsrat der Islamischen Republik Afghanistan gegründet. Die Pandschir-Bewegung erhielt von den US-Behörden mittlerweile die Erlaubnis, eine Auslandsvertretung in Washington zu eröffnen; auch in Tadschikistans Hauptstadt Duschanbe soll sich ein Büro befinden, auch wenn die dortige Regierung erklärte, sie wisse davon nichts. Dahinter stehen jeweils Fraktionen einer Elite, deren systemische Korruption und politischer Exklusivitätsanspruch maßgeblich zum Scheitern des westlichen Afghanistan-Einsatzes beitrugen und sich jetzt an ihren Machtan- spruch klammern, jedoch in den Augen weiter Teile der Bevölkerung ihre politische Legitimation verloren haben.

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