Reisende

Von Hamon Tanin & Stephan Geuenich

Reisende

Die große Popularität des Umgangs mit dem Thema Flucht und Migration zeigt sich unter anderem in einer steigenden Anzahl an Filmen. Eine Empfehlung der Kinoproduktionen In This World, Welcome und Der Albaner

In This World

In This World von Michael Winterbottom erschien im Jahr 2002. Der Film beginnt im pakistanischen Flüchtlingslager Shamshatu. Gezeigt wird einer der beiden Hauptdarsteller Jamal, der weniger als einen Euro pro Tag in einer Ziegelfabrik verdient. Dem Cousin von Jamal, Enayatullah (Enayat), will die Familie „ein besseres Leben“ ermöglichen, weswegen er nach London gehen soll. Jamal wird ihn, unter anderem aufgrund seiner Englischkenntnisse, auf diesem Weg begleiten. In dem semidokumentarischen Film haben der Regisseur und sein Team eine der möglichen Fluchtrouten für die Laiendarsteller ausgewählt. Dabei wird Jamal und Enayat die Ausgestaltung der gespielten Situationen überlassen. Sie begeben sich mit dem Filmteam auf eine unbekannte Reise und spielen dabei vor allem sich selbst. Der Fokus liegt auf zwei Menschen, die eine schwierige Reise unternehmen, dabei aber immer noch Herren ihrer Selbst sind und nicht – wie in vielen Filmen zum Thema – Hindernissen hilflos ausgeliefert.

Positiv hervorzuheben an In This World ist, dass dem Publikum nicht erklärt wird, warum sich Jamal und Enayat auf den Weg machen. Es geht um eine Reise in einer Welt, die sich für Menschen und Güter unterscheidet. Auf einem Pickup geladene Fußbälle oder Orangen können Grenzen und Meere überqueren, nicht aber Jamal und Enayat. Die Reise endet mit dem Tod von Enayat auf einer Containerfähre in europäischen Gewässern. Der Produzent Eaton findet diesbezüglich deutliche Worte: „Die Vorstellung, dass es einer Person nur dann erlaubt ist, sich in Europa aufzuhalten, wenn sie beweisen kann, dass sie in ihrer Heimat verfolgt wird, und dass es ihr nicht erlaubt ist, wenn sie es nicht beweisen kann, – diese Idee ist einfach absurd.“

Durchaus real in In This World ist das Verhältnis von Jamal und Enayat. Enayat spricht, bis auf ein paar Worte Englisch, ausschließlich Paschtu. Jamal hingegen spricht außerdem Englisch und Persisch, weswegen er auf dem langen Weg gerade auch für Enayat sehr wichtig ist. Die dadurch entstehenden Vorteile für Jamal waren bei den Dreharbeiten spürbar und auch im Alltag von Flüchtlingen bilden sich gewisse Hierarchien ab.

Jamal und Enayat zeigen in In This World weder das Flüchtlingen gerne zugeschriebene Leid, noch handelt es sich um eine bis ins Detail inszenierte Produktion mit dementsprechenden Effekten und Emotionscatcherei. Dafür zeigt der Film zwei reale Menschen und deren Perspektiven. Aus den Bildern lassen sich die Folgen der Politik von Nationalstaaten herauslesen: Tod, sogenannte Schleusung und Menschenschmuggel.

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