Non-Citizens: Wir haben keine Zeit mehr…

Von Matthias Weinzierl

Non-Citizen: „Wir haben keine Zeit mehr zu warten“

Maria, du hast die Flüchtlingsproteste seit dem Protestmarsch nach Berlin im Frühjahr 2012 begleitet. Wagst du dich für uns an eine Chronologie der wichtigsten Ereignisse dieses lange andauernden Protests?

Die gesamte Protestbewegung wurde durch die tragische Selbsttötung des iranischen Asylbewerbers Mohamed Rahsepar ausgelöst, der sich in Würzburg in seinem Zimmer erhängt hatte. Seine schockierten Freunde haben sich daraufhin zusammengetan und begonnen darüber zu reden, was jetzt zu tun wäre. Alle waren mit der Situation in dem Würzburger Lager sehr unzufrieden. Als erste Aktion organisierten sie ein Protestzelt in der Würzburger Innenstadt über mehrere Wochen. Dort gab es bereits einen Hungerstreik, am Schluss haben sich Einzelne ihre Münder zugenäht. Ihre damit verbundene Aussage: Es ist alles gesagt. Dieser Hungerstreik war teilweise erfolgreich. Einige der Protestierenden erhielten Aufenthaltstitel, andere nicht.

Wie ging der Protest weiter?

Es folgten Protestzelte in verschiedenen Städten und später entstand daraus wiederum die Idee mit einem Protestmarsch zu Fuß nach Berlin zu laufen, um damit die drei zentralen Forderungen – nämlich die Abschaffung der Residenz- und der Lagerpflicht sowie der Stopp aller Abschiebungen – an die Bundesregierung und in die Öffentlichkeit zu tragen.

Die Idee wurde Realität und es kam zu einem Protestmarsch nach Berlin. Von welchen Aktivitäten wurde dieser Marsch begleitet?

Es gab viele Aktionen auf dem Weg nach Berlin, das sind ja immerhin 600 Kilometer, meist in Form von Demonstrationen. In Berlin wurde dann über einen sehr langen Zeitraum ein Protestcamp errichtet, das von extrem harten Repressionen begleitet wurde.

Wie äußerte sich diese Repression?

Den Protestierenden wurden zum Beispiel die Schlaf- und Rucksäcke weggenommen. Doch sie ließen sich nicht einschüchtern und blieben widerständig auf der Straße während des gesamten krass kalten Winters.

Welche Aktionen folgten in Berlin?

Die nigerianische Botschaft wurde besetzt und es gab eine Aktion vor der iranischen Botschaft, bei der eine iranische Flagge verbrannt wurde. Da laufen auch immer noch Prozesse.

Später hat sich der Protest dann geteilt. Es gab dann zwei unterschiedliche Protestcamps. Was führte zu dieser Spaltung?

In Berlin stellte sich heraus, dass mit der Protestbewegung ganz unterschiedliche Vorstellungen verbunden waren, was erreicht werden sollte. Auf der einen Seite wollten die betroffenen Asylbewerberinnen und Asylbewerber ihre akute Lebenssituation ändern. Auf der anderen Seite sahen einige Unterstützungsgruppen in der Lagerunterbringung vorrangig ein Rassismusproblem, gegen das es zu kämpfen galt. Die Meinungen gingen da sehr stark auseinander. Zudem wurden auch Diskurse in den Protest hereingetragen, die weniger mit den Problemen der Geflüchteten, sondern mehr mit der linken Szene in Deutschland und speziell der in Berlin zu tun hatten.

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