Kultur ist kein Luxus

Von Stephanie Benyr

Kultur ist kein Luxus,…

…sie ist eine Notwendigkeit.“ Dieser viel zitierte Satz aus Der Berg der Seele von Gao Xingjian, dem chinesischen Literaturnobelpreisträger von 2000, steht auch auf der Facebook-Seite des Gründers eines Kultur-Festivals in Burkina Faso. Wie ist dieser Ausspruch in einem Land zu verstehen, das auf der Skala des Human Development Index immer unter den letzen zehn rangiert?

Im Fall des westafrikanischen Binnenlandes Burkina Faso ist der oben erwähnte Ausspruch in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Einerseits ist es eine Binsenweisheit, weil der Begriff Kultur an sich so vieldeutig ist. Er kann für Kunst, Musik, Literatur, Theater und Film ebenso verwendet werden wie für die Lebensweise und Weltsicht einer Gruppe – und damit sind nur zwei von unendlich vielen möglichen Bedeutungsfacetten genannt. Dennoch entwickelt sich kein willkürlicher, sondern ein überaus spannender Blick auf das Sahelland, wenn man es mit dem Kaleidoskop des Kulturbegriffs betrachtet.

Burkina Faso gilt in der Region gemeinhin als kulturelles Zentrum Westafrikas. Im „Land der aufrichtigen Menschen“, in das Präsident Thomas Sankara 1984 das ehemalige Obervolta umbenannte, leben über 60 verschiedene Ethnien mit ebenso vielen Sprachen. Sie haben eine lange, gemeinsame Geschichte und pflegen untereinander so genannte Scherzbeziehungen. Diese sind hochkomplex und verwoben. Vereinfacht gesagt, legen sie die Rollen für eine Art Stand-Up-Comedy zwischen den Angehörigen zweier Gruppen fest. Sobald eine Person aus irgendeinem Zusammenhang heraus die ethnische Zugehörigkeit des oder der anderen erkennt, ist es zum Beispiel angebracht, das abgesehen davon, völlig fremde Gegenüber wild zu beschimpfen oder verschiedenste Dienste zu verlangen. Die andere Person, die durch die Überzogenheit und bestimmte Codes das Spiel erkennt, erwidert diese Beschimpfungen unter Lachen. Diese besondere Spielart der interkulturellen Begegnung trägt, unter anderem, zu friedlichen interethnischen Beziehungen bei. Hier sind der Reichtum und die Vielfalt der Kulturen die Basis für den Frieden, anders als bei der oft vorschnell getroffenen Beurteilung des Zusammenlebens vieler verschiedener Gruppen in einem Staat.

Kultur als Ressource?

Zugleich stellt Kultur für Burkina Faso ein wichtiges Kapital dar. Im Gegensatz zu seinen Nachbarländern hat es wenig bis keine Bodenschätze, wie zum Beispiel Diamanten, Öl oder Uran. Das muss hinsichtlich der Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung, vergleicht man sie aktuell mit jenen der Nachbarländer, keinen Nachteil darstellen. Bei guter Regierungsführung könnten Ressourcen aber zum Wohle der Bevölkerung eingesetzt werden. Auf welchen Wert kann in Burkina Faso zurückgegriffen werden, abgesehen von ausländischen Entwicklungsgeldern? Wie werden Bildung, medizinische Versorgung und Infrastruktur finanziert? Heute arbeiten 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Diese wird vor allem als Subsistenzwirtschaft, das heißt für den eigenen Verbrauch, betrieben. Tourismus könnte eine Lösung darstellen. Es gibt in dem Binnenland jedoch praktisch keine natürlichen touristischen Attraktionen, wie spektakuläre Berge, Horizont füllende Dünenlandschaften, Strand und Meer oder Seen etc. Kultur wurde in diesem Zusammenhang auch von staatlicher Seite als eine wertvolle Ressource erkannt.

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