Italien: Anerkannt und obdachlos. Eine Fluchtodyssee durch Europa

Von Tobias Klaus

„Die ständige Angst spüren die Kinder, ist immer da, zerstört die Hoffnung, macht krank“, sagt Evelyn Stoevesand. Sie betreut in Hambühren ehrenamtlich eine somalische Flüchtlingsfamilie – Hooda, Mahamed und ihre drei kleinen Kinder. Seit mehr als sechs Jahren irrt die Familie durch Europa, nie durften sie irgendwo ankommen. Nun droht auch aus Deutschland die Abschiebung.

Die Geschichte der Familie beginnt in Italien: Hooda und Mahamed kamen als Bootsflüchtlinge
im Jahr 2008 nach Sizilien. Beide dachten, sie hätten es geschafft: Den Bürgerkrieg in Somalia hinter sich gelassen, den gefährlichen Weg durch die Wüste und die Überfahrt über das Mittelmeer überlebt. Endlich in Europa! In Italien werden sie irgendwann als Schutzberechtigte anerkannt. Nach Somalia abgeschoben werden dürfen sie nicht, entscheiden die Italiener. Hilfe zum Überleben erhalten sie jedoch auch nicht. Die beiden werden obdachlos, wie so viele Flüchtlinge in Italien. »Wir haben auf der Straße gelebt und gebettelt. Was sollten wir machen? Wir bekamen keine Wohnung, keinen Job. Hooda wurde schwanger, trotzdem gab es für uns nichts«, erinnert sich Mahamed.

Das junge Paar entscheidet sich weiterzureisen: Ihr Sohn soll es besser haben und in Sicherheit aufwachsen. Sie schaffen es bis in die Niederlande, dort wird Zakaria geboren. Dann erklären die Behörden, dass Italien für sie zuständig ist und die Familie zurück muss. Wovon sie in Italien leben sollen erklären sie nicht. Im Dezember 2009 schieben die Niederlande Hooda, Mahamed und Zakaria zurück nach Italien.

Ihr Sohn ist da gerade drei Monate alt. Die Familie lebt wieder auf der Straße. »Wir sind vor dem Krieg geflohen, vor dem Tod. Wir haben Angst gehabt vor Italien, vor dem Hunger, mit dem Baby auf der Straße zu leben, darum mussten wir weg”, sagt Mahamed. Nach knapp einem Jahr schaffen sie es in die Schweiz. Doch auch in der Schweiz dürfen sie nicht bleiben. Es geht weiter nach Dänemark. Auch hier wollen die Behörden sie abschieben. Doch diesmal läuft etwas anders: Eine Flüchtlingsorganisation schaltet sich ein und schafft es insgesamt drei Jahre lang, eine Abschiebung zu verhindern. Der Familie geht es gut, sie kann endlich aufatmen und in Europa
ankommen. In dieser Zeit werden ihre Kinder Salman und Selma geboren. Doch dann kommt der Herbst 2014: Die dänischen Behörden teilen mit, dass sie nach Italien zurück müssen – Dänemark sei nicht zuständig für sie. Die Familie gerät in Panik, zurück nach Italien mit drei kleinen Kindern? Unvorstellbar.

(der ganze Artikel im PDF Format)