Grußwort: Georg Ringsgwandl

Lektion 1:

Keine Revolution ohne Buchhaltung

Pünktlich zum Praktikumsbeginn hatte sich die Geschäftsführung entschlossen, das Rauchen einzustellen, so dass sich von mir gerauchte Zigaretten in den ersten Wochen zahlreichen Attacken mit Wasserpistolen, Scheren und ähnlichem ausgesetzt sahen. Selbstverständlich wurde dieser Beschluss wieder umgeworfen, sobald ein Jahr später mit dem zweiten Praktikanten ein strikter Nichtraucher das Büro des Anleiters teilte. Zunächst ging alles sehr trocken los. Die erste und wichtigste Lektion, die mir von meinem Anleiter – der seine erste Ausbildung im Finanzamt absolviert hatte – beigebracht wurde, lautete: „Ohne a vernünftige Buchführung brauchst heutzutag gar kei Revolution anfangen“, und hatte mich damit auch gleich auf dem schwachen Fuß erwischt. Um meine diesbezüglichen Schwächen zu kaschieren, versuchte ich mir bald andere Schwerpunkte zu suchen.

Lektion 2:

Geschichte der undogmatischen Linken oder: Wer sich damals am Bauzaun gegenüberstand

Der Bayerische Flüchtlingsrat ist damals ein heterogener Dachverband äußerst unterschiedlicher Gruppen, Vereine und Initiativen gewesen. Das Spektrum reicht von bürgerlichen Nachbarschaftsinitiativen, die sich zwei von einer Wohnung im Erdgeschoß abgetrennten Räumen bestand. Im vorderen Raum, der von einer Gruppe der Nicaragua-Solidarität genutzt wurde, eine Spüle, ein Schreibtisch und kistenweise Nicaragua-Libre-Kaffee. Im hinteren Raum, wo der Rauch herkam, ein PC, ein rauchender Geschäftsführer und akkurate Ordnung. Mir wurden die anfallenden Tätigkeiten erläutert: Mitgliederverwaltung und Buchführung, Teilnahme an verschiedenen Gremien, Herausgabe des zweimonatlich erscheinenden „Infodienstes“ und des „Initiativenrundbriefes“, Öffentlichkeitsarbeit durch Presseerklärungen, telefonische Sprechzeiten, Multiplikatorenberatung, in speziellen Fällen auch Einzelberatung von Flüchtlingen, Spendenaktionen, alles in allem eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit mit politischem Nutzen und moralischem Mehrwert. Ich sah schnell ein, dass ich hier wohl nicht ohne zu unterschreiben rauskommen würde und wollte.

(der ganze Artikel im PDF Format)