„Auch wenn es nicht aus bösen Absichten erfolgt, ist es rassistisch“

Von Till Schmidt

„Auch wenn es nicht aus bösen Absichten erfolgt, ist es rassistisch“

Voriges Jahr entzog der US-amerikanische Dramatiker Bruce Norris dem Deutschen Theater Berlin die Aufführungsrechte für sein Stück „Clybourne Park“. Anfang 2012 sorgte die Inszenierung des Stückes „Ich bin nicht Rappaport“ am Berliner Schlossparktheater für hitzige Debatten. Ausgangspunkt war in beiden Fällen das Blackfacing von Schauspieler_innen. Till Schmidt sprach mit Atif Hussein von der Initiative Bühnenwatch, die sich für ein Ende rassistischer Praktiken an deutschen Theatern einsetzt

Herr Hussein, was ist das eigentlich, Blackface?

Blackface oder Blackfacing, das ist das Schwarzschminken von Weißen Performer_innen, etwa für die Theaterbühne oder den Film. Dieses Stilmittel ist eine rassistische und diskriminierende Darstellung Schwarzer, die eine kolonialhistorische Vergangenheit hat. Der historische Rassismus bestand ja nicht nur in Ausbeutung und Völkermord in den Kolonien, sondern auch in zahlreichen diskriminierenden Praktiken, Begriffen und Bildern, die seit dem 17. Jahrhundert kontinuierlich in Deutschland gebraucht werden, um Schwarze Menschen zu beschreiben und darzustellen. Entscheidend ist nun nicht, wie die Verwendung von Blackface gemeint ist. Selbst wenn der Rück – griff auf dieses Stilmittel nicht aus bösen Absichten erfolgt, ist es eine rassistische, verletzende Praxis.

Im Theater wurde und wird Blackface für zweierlei benutzt: Zum einen, um sich durch stereotype Darstellungsweisen über Schwarze Menschen lustig zu machen, zum anderen, um Figuren, die so geschrieben worden sind, äußerlich zu markieren. Letzteres wurde mit dem Einzug des sogenannten Realismus in das Theater, also seit etwa Ende des 19. Jahrhunderts, in Deutschland gängige Praxis. Nach wie vor sind viele Theaterschaffende der Ansicht, dass Blackface eine Tradition sei, die es so schon immer gab und die fest zum Kanon der Theaterzeichen gehöre. Die Initiative Bühnenwatch setzt sich indes dafür ein, dass Blackfacing an deutschen Theatern nicht mehr praktiziert wird.

Wie ist das Blackfacing historisch entstanden?

In den USA entwickelten sich ab dem 19. Jahrhundert aus der schon zuvor existierenden Praxis des Blackface sogenannte MinstrelShows, große Showformate, die auf Musik und Tanz basierten. Sie waren eine der beliebtesten Unterhaltungsformen und dienten dazu, das Selbstwertgefühl des Weißen Publikums zu heben. Man machte sich dort in essentialistischer Manier über Schwarze Menschen lustig, sie wurden so dargestellt, als seien sie den ganzen Tag lustig und singen immer nur herum. Die Popularität der Minstrel-Shows wuchs noch einmal, als sie nach der nominellen Abschaffung der Sklaverei in den USA sozialpolitisch eingesetzt wurden – als Entgegnung auf die dadurch erfolgte Degradierung der Weißen lohnabhängigen Bevölkerung.

Später wurden die Minstrel-Shows zum Selbstläufer und zogen von den USA aus große Kreise durch die Welt. Nicht nur, dass Kompanien durch Europa tourten, auch dort entstanden eigene Formen der Minstrel-Shows. Eine äußerst erfolgreiche Unterhaltungsshow war zum Beispiel „The Black and White Minstrel Show“, die von 1958 bis 1978 in der BBC ausgestrahlt wurde.

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