Ärzte im Dienst der Rassenhygiene

Von Roland Lory

Ärzte im Dienst der „Rassenhygiene“

Mediziner waren willige Vollstrecker von Zwangsterilisierungen an Hunderttausenden NS-Opfern. So auch in Oberbayern: 183 Menschen aus der Region Weilheim-Schongau wurden in der NS-Zeit zwangsweise unfruchtbar gemacht.

Falls Sie der Ladung ohne Grund nicht Folge leisten, wird Ihre Tochter polizeilich dorthin verbracht.“ Die Aufforderung des Bezirksamts, die Leonhard R. 1935 ins Haus flatterte, war unmissverständlich. Der Landwirt aus der Nähe von Weilheim sollte seine einzige Tochter innerhalb von acht Tagen zur Unfruchtbarmachung in die Münchner Uni-Frauenklinik bringen. Die Frau „schrie, dass alles verhext sei, hörte Stimmen, glaubte der Teufel wolle sie holen“, hieß es in einem ärztlichen Gutachten. Diagnose: Schizophrenie. Der Vater versuchte den Eingriff zu verhindern und schrieb daher an Hitler. Doch die 30-jährige Tochter wurde im Dezember 1935 zwangsweise sterilisiert.

In diesem Jahr wurden im Deutschen Reich staatliche Gesundheitsämter mit reichseinheitlicher Organisation und Aufgabenstruktur gebildet. Eine der Pflichtaufgaben war die „Erb- und Rassenpflege“. Das Gesundheitsamt Weilheim, das für die Bezirke Weilheim und Schongau zuständig war, verzeichnete in den Jahren 1934 bis 1944 insgesamt 183 Zwangssterilisierungen. Die Maßnahmen zeugten vom Wahn der Nationalsozialisten, einen „gesunden Volkskörper“ zu schaffen. Mehrere hunderttausend Menschen wurden damals unfruchtbar gemacht.

Das Prozedere

Grundlage war das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das die Nazis im Juli 1933 erließen. „Erbkrank“ war demnach unter anderem, wer an „Schwachsinn“, Schizophrenie oder „Veitstanz“ litt. Man zählte aber auch Blinde, Taube, Alkoholiker sowie Menschen mit „schwerer erblicher körperlicher Missbildung“ dazu. All diesen Menschen wollten die Nazis die Möglichkeit rauben, Kinder zu zeugen.

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